Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsicht in Grundbuchakten

 

Leitsatz (amtlich)

Stützt der Beteiligte den Antrag auf Einsicht in verschiedene Unterlagen in den Grundakten zum Teil auf rechtliche oder wirtschaftliche, jedoch auch auf familiäre Gründe, ist es Sache des Gerichts zu unterscheiden, für welchen Teil des Einsichtsbegehrens das Grundbuchamt nach § 12 GBO zu entscheiden hat und für welchen Teil gegebenenfalls das Verfahren nach Nr. 3.4.3.1 BayGBGA durchzuführen ist.

 

Normenkette

GBO § 12 Abs. 1 S. 1, § 73; RPflG § 3 Nr. 1 Buchst. h; GBV § 46 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

AG Ebersberg (Beschluss vom 09.01.2017)

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Ebersberg - Grundbuchamt - vom 9.1.2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte, Neffe einer früheren Miteigentümerin von Grundbesitz, beantragte am 1.4.2016 beim Nachlassgericht und Grundbuchamt Auskunft über den Ablauf und die Übergabe der Grundstücke zu erteilen. Da die im Jahr 1988 verstorbene Tante kinderlos geblieben sei, habe er ein Interesse daran, möglichst viel in Erfahrung zu bringen unter anderem über die Besitz- und Übergangsregelungen beim Kauf im Jahr 1939 sowie nach dem Tod des Onkels im Jahr 1996. Als direkter Familienangehöriger habe er ein - nicht nur familiengeschichtliches - berechtigtes Interesse an der Beantwortung der gestellten Fragen. Dass seine Nachfragen bei Verwandten abgeblockt worden seien, werfe ernsthafte Fragen nach dem Ablauf der Übergabe des Anwesens und der Grundstücke auf.

Das Nachlassgericht erteilte am 12.8.2016 die von ihm begehrte Auskunft aus den Nachlassakten. Das Grundbuchamt wies den Beteiligten mehrfach, unter anderem mit Schreiben vom 19.7.2016 darauf hin, dass sich die Voraussetzungen für die Einsicht in Grundbücher und Grundakten nach § 12 GBO nicht schon aus einer verwandtschaftlichen Beziehung ergeben, sondern entsprechende Gründe darzulegen seien. Dagegen macht der Beteiligte unter anderem geltend, um sein Anliegen beantwortet zu erhalten, genüge die Einsicht in die Grundbücher mit dem Stand zu den exakt bekannt gegebenen Zeitpunkten. Als Bürger habe er ein Anrecht darauf für berechtigte Anliegen auch entsprechende vollständige und korrekte Auskünfte zu erhalten. Einen erneuten Verweis auf einen angeblich fehlenden Berechtigungsgrund werde er nicht hinnehmen. Nach erneuter Ablehnung der Auskunft mit Schreiben des Grundbuchamts vom 28.10.2016 und 17.11.2016 unter Hinweis auf die fehlende Darlegung des berechtigten Interesses machte der Beteiligte unter anderem mit Schreiben vom 23.11.2016 geltend, dass seine Forderung nach einer Kopie des Kaufvertrags aus dem Jahr 1939 sowie von Auszügen des Grundbuchs aus den Jahren 1939 und 1946 keinerlei Interessen von heutigen Rechtsinhabern tangiere. Er könne aus § 12 GBO keinerlei Einschränkungen sehen, die das Grundbuchamt zur Verweigerung der Auskünfte berechtigen würden.

Daraufhin hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt mit Beschluss vom 9.1.2017 den Antrag auf Grundbucheinsicht als unbegründet zurückgewiesen, da verwandtschaftliche Beziehungen keinen Rechtsanspruch auf eine Grundbucheinsicht nach § 12 GBO geben, selbst wenn die betroffenen Vorgänge schon länger zurückliegen. Ein dingliches Recht am fraglichen Grundbesitz werde nicht geltend gemacht.

Dagegen wendet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 19.1.2017. Es gehe nicht darum, den Erwerbsvorgang aus dem Jahr 1939 zu überprüfen. Es gehe insofern aus rein persönlichem Interesse um vorherige Wohnadressen der Verwandten, das Datum des Eigentumsübergangs sowie darum, ob der Verkäufer gegebenenfalls mit der Familie verwandt sei. Zudem seien die gebürtigen Angehörigen über die nach dem Tod der Tante erfolgten Übernahmen von Grundstücken bis heute nicht informiert worden. Aus seinen Schreiben sei deutlich zu erkennen, dass die Informationen nicht der Befriedigung von Neugier dienten und auch keine unbefugten Zwecke verfolgten und aktuelle Eintragungen im Grundbuch nicht berührt würden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.1. Nur soweit über die Versagung von Grundbucheinsicht durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. h RPflG) im Grundbuchverfahren entschieden wurde und nicht das Verwaltungsverfahren eröffnet ist, ist die Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO; § 12c Abs. 4 Satz 2 GBO).

Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht des Grundbuchs i.S.v. § 12 Abs. 1 GBO ist nach der Rechtsprechung nur gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das sich zwar nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch mit einem (beispielsweise) wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann (OLG Oldenburg Rpfleger 2014, 131; Schreiner Rpfleger 1980, 51). Wird jedoch die Grundbucheinsicht aus sonstigen, etwa wissenschaftlichen, historischen oder familiären Gründen begehrt, begründet dies kei...

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