Entscheidungsstichwort (Thema)

Friseuse

 

Leitsatz (amtlich)

Einer Rechtsverletzung i.S.d. § 101 Abs. 2 UrhG, die im Angebot einer Datei mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt auf einer Internet-Tauschbörse liegt, kommt grundsätzlich gewerbliches Ausmaß zu, ohne dass es weiterer erschwerender Umstände bedürfte.

 

Normenkette

UrhG § 101 Abs. 9

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 24.01.2011; Aktenzeichen 7 O 1310/11)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des LG München I vom 24.1.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. betreibt ein Filmverleihunternehmen. Sie hält die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem seit dem 12.8.2010 als DVD vertriebenen Spielfilm Die Friseuse, der am 23.1.2011 auf der Internet-Tauschbörse BitTorrent unter einer von der Beteiligten zu 2. als Internetzugangsprovider vergebenen dynamischen IP-Adresse der Öffentlichkeit zum Herunterladen angeboten wurde. Auf Antrag der Beteiligten zu 1. hat das LG mit dem angegriffenen Beschluss - neben der einstweiligen Anordnung, die entsprechenden Daten bis zum Verfahrensabschluss nicht zu löschen - der Beteiligten zu 2. gem. § 101 Abs. 9 UrhG gestattet, Auskunft darüber zu erteilen, wer diese IP-Adresse im relevanten Zeitpunkt verwendet hatte. Die Beschwerdeführerin wurde auf der Grundlage der Auskunft, dass dies sie gewesen sei, von der Beteiligten zu 1. am 28.2.2011 abgemahnt.

Mit ihrer am 14.3.2011 eingegangenen Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Begründung gegen den landgerichtlichen Beschluss, ein ihre Daten betreffender Auskunftsanspruch habe nicht bestanden. Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch sei u.a. das gewerbliche Ausmaß der Rechtsverletzung. Beim Angebot eines einzelnen Films müssten besondere Umstände vorliegen, um ein derartiges Ausmaß annehmen zu können; solche seien im konkreten Fall nicht dargelegt worden. Die Beteiligte zu 1. erachtet die Beschwerde als unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (LG München I, Beschl. v. 12.7.2011 - 7 O 1310/11, vgl. BeckRS 2011, 18774).

Im Übrigen wird auf das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Sie ist zulässig.

Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus § 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG.

Die Beschwerdeführerin ist nach § 59 Abs. 1 FamFG, auf das § 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG zur Harmonisierung des Rechtsmittelrechts Bezug nimmt (vgl. BT-Drucks. 16/9733, 304), beschwerdebefugt, weil sie materiell-rechtlich beschwert ist. Der Richtervorbehalt des § 101 Abs. 9 UrhG dient vor allem dem Schutz der Anschlussinhaber (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 5.10.2010 - 6 W 82/10 - Gestattungsanordnung II, juris, dort Tz. 5). Die durch einen entsprechenden richterlichen Beschluss ausgesprochene Gestattung der Mitteilung, welcher Anschlussinhaber eine bestimmte IP-Adresse nutzte, beeinträchtigt deren Rechte.

Der angegriffene Beschluss hat sich zwar dadurch in der Hauptsache erledigt, dass die darin gestattete Auskunft erteilt wurde. Die Beschwerdeführerin hat jedoch ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 62 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FamFG, weil in dem Beschluss ein hinreichend schwerwiegender Grundrechtseingriff liegt (vgl. OLG Köln, a.a.O., - Gestattungsanordnung II, Tz. 9 ff.). Die Erteilung von Auskünften über die Anschlussinhaber bestimmter IP-Adressen unter mittelbarer Verwendung von Verkehrsdaten fällt in den Schutzbereich des durch Art. 10 Abs. 1 GG gewährleisteten Telekommunikationsgeheimnisses und hat erhebliches Gewicht (vgl. BVerfG NJW 2010, 833 - Vorratsdatenspeicherung Tz. 254, 258 f.).

Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden. Grundsätzlich ist auf das Verfahren der Beschwerde gegen einen Beschluss gem. § 101 Abs. 9 UrhG das FamFG anzuwenden; lediglich die Beschwerdefrist beträgt im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Verfahren nur zwei Wochen (vgl. § 101 Abs. 9 Satz 7 UrhG; BT-Drucks. 16/9733, 304). Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG beginnt die Frist jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Da im vorliegenden Fall eine Bekanntgabe durch das Gericht nicht erfolgt ist, sondern die Beschwerdeführerin lediglich durch die von der Beteiligten zu 1. ausgesprochene Abmahnung vom Beschluss erfahren hat, hat die Beschwerdefrist noch nicht zu laufen begonnen. Die Fünf-Monatsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG war bei Beschwerdeeinlegung ebenfalls noch nicht abgelaufen.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Insbesondere ist im vorliegenden Fall das Erfordernis der Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gegeben.

a) Eine Gestattung gem. § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG setzt das Bestehen eines Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 UrhG voraus. Dieser wiederum erfordert sowohl, dass der Auskunftsverpflichtete in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat (§ 101 ...

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