Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Pflichten des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehört auch die Überprüfung des Gebäudes auf Baumängel innerhalb des Laufs der Gewährleistungsfrist.

2. Wird ein Mangel an einem Balkon gerügt und für berechtigt anerkannt, so besteht besondere Veranlassung, baugleiche weitere Balkone auf das Vorhandensein eines Mangels zu untersuchen.

3. Übernimmt ein Bauträger die erste Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage, so hat er bei der Überprüfung des Bauwerks auf Mängel auch die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Bauträgers anzuwenden.

 

Normenkette

WEG §§ 26-27; BGB §§ 249, § 280 ff.

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 10.04.2008; Aktenzeichen 41 T 30/07)

AG Schweinfurt (Aktenzeichen URII 28/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG Schweinfurt vom 10.4.2008 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 46.684,20 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsgegnerin ist frühere Verwalterin. Sie war auch Bauträgerin für die Wohnanlage.

Die Antragsstellerin macht Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Verwaltervertrages geltend, weil die Antragsgegnerin nicht dafür gesorgt hat, dass gegen sie selbst als Bauträgerin wegen Mängeln an den Balkonen in unverjährter Zeit Mängelansprüche geltend gemacht werden.

Das AG hat mit Beschluss vom 4.1.2007 die Antragsgegnerin antragsgemäß verurteilt. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG nach Durchführung der Mängelbeseitigung an den Balkonen und Bezifferung des Antrags den Beschluss des AG teilweise abgeändert und die Antragsgegnerin zur Zahlung von 46.684,20 EUR nebst Zinsen verpflichtet. Gegen diesen Beschluss des LG vom 10.4.2008 richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie in erster Linie die Abweisung des Antrags und in zweiter Linie die Berücksichtigung eines Abzugs neu für alt verlangt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Darstellungen im Beschluss des AG vom 4.1.2007 und im Beschluss des LG vom 10.4.2008.

II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung.

1. Das LG hat, weitgehend durch Bezugnahme auf die Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses, im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin sei zu einer Überprüfung des Gebäudes auf Baumängel verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Es liege deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung der Antragsgegnerin vor. Ein Abzug neu für alt sei nicht zu machen, da die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf eine mangelfreie Herstellung hätten.

2. Die Entscheidung des LG hält bezüglich der Verpflichtung dem Grunde nach der rechtlichen Nachprüfung stand, jedoch nicht bezüglich der Höhe des Anspruchs.

a) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bei neu errichteten Gebäuden der Verwalter während des Laufes der Gewährleistungsfrist verpflichtet ist, die Wohnungseigentumsanlage regelmäßig zu begehen, um eventuelle Mängel festzustellen (vgl. z.B. BayObLG NJW-RR 2001, 731 = ZMR 2001, 559; OLG Zweibrücken NJW-RR 1991, 1301; Abramenko in Riecke/Schmid, FAK Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., § 27 Rz. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies gilt insbesondere, wenn Mängelhinweise seitens der Eigentümer angebracht werden (BayObLG ZMR 1998, 357; OLG Hamm NJW-RR 1997, 144).

Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie trägt selbst nicht vor, dass sie bezüglich der Untersuchung des Bauwerks auf Baumängel selbst aktiv geworden ist. Bezüglich der Balkone bestand hierfür umso mehr Veranlassung, als ein Wohnungseigentümer einen Mangel am Balkon gerügt hat. Zwar ist die Antragsgegnerin dieser Mängelrüge nachgegangen, hat sich aber darauf beschränkt, die Mängelrüge an den Handwerker weiter zu geben und dessen Mangelbeseitigungsmitteilung zur Kenntnis zu nehmen. Gerade der Umstand, dass der Handwerker selbst den Mangel anerkannt und als beseitigt gemeldet hat, hätte jedoch für die Beklagte besondere Veranlassung sein müssen, auch die anderen Balkone zu untersuchen. Tritt an einem Balkon ein Mangel auf, so ist es nicht fern liegend, dass an baugleichen anderen Balkonen derselbe Mangel vorhanden ist. Es hätte deshalb im Rahmen der allgemeinen Überprüfungspflicht besondere Veranlassung bestanden, gerade die Balkone auf ordnungsgemäße Bauausführung zu untersuchen oder die Wohnungseigentümer auf mögliche Mängel hinzuweisen und deren Entscheidung über die Erholung eines Sachverständigengutachtens einzuholen.

Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung der Vorinstanzen, dass ein Bauträger, der selbst die erste Verwaltung übernimmt, sich auch als Verwalter so behandeln lassen muss wie ein Bauträger, d.h. dass die Wohnungse...

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