Entscheidungsstichwort (Thema)

Legaldefinition der "öffentlichen Urkunde" in Grundbuchsachen

 

Leitsatz (amtlich)

Die in die zivilprozessualen Bestimmungen eingebettete Legaldefinition des Begriffs der öffentlichen Urkunde gilt auch in Grundbuchsachen (Anschluss an BGH NJW 1957, 1673).

 

Normenkette

BGB §§ 2231-2232, 2247; FamFG §§ 344, 346-348; GBO §§ 18, 22, 35 Abs. 1; ZPO § 415 Abs. 1

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 17. April 2018 dahingehend geändert, dass Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses gesetzt wird bis zum 28. September 2018 (einschließlich).

II. Dem Grundbuchamt wird die Befugnis übertragen, im Bedarfsfall die Frist zur Behebung des Hindernisses auf Antrag zu verlängern.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 17. April 2018 zurückgewiesen.

IV. Die Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, soweit das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Insoweit wird der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist der am 22.11.2009 verstorbene Vater der Beteiligten als Eigentümer eines Miteigentumsanteils von 37,28/1000stel, verbunden mit Sondereigentum an einer Wohnung, eingetragen.

Am 20.3.2018 beantragte die Beteiligte die Umschreibung des Eigentums auf ihren Namen. Sie sei Alleinerbin nach ihrem Vater und besitze "nach erfolgreicher Testamentsvollstreckung die Eigentumsrechte an der Wohnung". Die Wohnung sei ihr bereits von der Testamentsvollstreckerin übergeben worden. Beigefügt waren in Ablichtung ein Testamentsvollstreckerzeugnis, nach dessen Inhalt die angeordnete Dauervollstreckung am 28.12.2014 endet, und das handschriftliche Testament des Erblassers.

Das Grundbuchamt hat darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins zu führen sei, weil die Verfügung von Todes wegen nicht in öffentlicher Urkunde vorliege. Am 17.4.2018 hat es mit fristsetzender Zwischenverfügung das Fehlen des Erbnachweises als Eintragungshindernis beanstandet und Gelegenheit zur Vorlage eines Erbscheins gegeben.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der Beschwerde. Unter Bezugnahme auf die beim selben Gericht geführten Nachlassakten führt sie aus, das Testament, aus dem sich ihre Erbenstellung ergebe, sei beim Amtsgericht zur amtlichen Verwahrung hinterlegt gewesen. Aufgrund der durchgeführten Testamentsvollstreckung und des Testaments sei "die Erbfolge der Wohnung eindeutig konstatiert und für die Grundbuchumschreibung somit keine Vorlage eines Erbscheins notwendig". Dies entnehme sie aktuellen Gerichtsurteilen. Mit Blick auf die eingelegte Beschwerde widerspreche sie außerdem der bis zum 15.6.2018 gesetzten Frist.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel der Beteiligten hat mit dem Hauptbegehren keinen Erfolg. Lediglich die zur Vorlage des Erbscheins gesetzte Frist wird verlängert.

1. Gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (§ 18 GBO) ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO die unbeschränkte Beschwerde statthaft.

Mit dem Rechtsmittel verfolgt die Beteiligte nach der vorgebrachten Begründung in erster Linie die Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung insgesamt. Den darüber hinaus erhobenen "Widerspruch" gegen die Vorlagefrist legt der Senat dahin aus, dass die Beteiligte hilfsweise wegen des mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens verbundenen Zeitaufwands ein Hinausschieben des Fristendes begehrt. Mit beiden Zielen erweist sich das formgerecht eingelegte (§ 73 GBO) Rechtsmittel als zulässig (vgl. Demharter GBO 31. Aufl. § 18 Rn. 55). Der Umstand, dass die zur Hindernisbehebung gesetzte Frist mittlerweile verstrichen ist, macht das Rechtsmittel nicht unzulässig, denn der Berichtigungsantrag ist trotz Fristablaufs bislang nicht zurückgewiesen (Demharter § 71 Rn. 34; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 112).

2. Mit dem Hauptbegehren hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg, denn das Grundbuchamt kann zum Nachweis der Berichtigungsvoraussetzungen einen Erbschein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) verlangen.

a) Das Grundbuch kann gemäß § 22 GBO berichtigt werden, wenn die bestehende Unrichtigkeit und die Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung jeweils in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind. Soll das Grundbuch - wie hier - durch Eintragung der Erbfolge berichtigt werden, so ist nach der gesetzlichen Bestimmung in § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO die Erbfolge in der Regel durch Erbschein (oder in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Europäisches Nachlasszeugnis) nachzuweisen. Ein Erbschein ist nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO nur dann nicht erforderlich, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, und wenn diese Verfügung sowie die Niederschrift über ihre Eröffnung vorgelegt werden (vgl. auch Demharter § 35 Rn. 31; Hügel/Wilsch § 35 Rn. 111).

b) Ein solcher Ausnahmefall, in dem...

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