Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung, Ermessensentscheidung, Vollziehung, Sicherheitsleistung, Verwertungsgesellschaft, Verfahren, Festsetzung, Sicherungsverfahren, Anspruch, Schiedsstelle, Zeitpunkt, Auskunft, Berechnung, Gesamtvertrag, Bundesrepublik Deutschland, Dauer des Verfahrens, verfassungsrechtliche Bedenken

 

Tenor

I. Der Beschluss der Schiedsstelle vom 28.07.2021, Az. Sch-Urh 95/19 SL, wird gem. § 107 Abs. 4 VGG mit der Maßgabe vollzogen, dass angeordnet wird, dass die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragstellerin bis spätestens 28. Februar 2023 eine Sicherheitsleistung zur Sicherung des Zahlungsanspruchs der Antragstellerin aus § 54 Abs. 1 UrhG für die von der Antragsgegnerin im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 in die Bundesrepublik Deutschland importierten und dort in Verkehr gebrachten Tablets in Höhe von 160.957,80 Euro zu erbringen hat, und zwar durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts. Insoweit ist auch ein aufgrund eines erstinstanzlichen Urteils vorläufig vollstreckbarer Zahlungsanspruch abzusichern.

II. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin als unstatthaft zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 52.798,67 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über eine nach § 107 VGG anzuordnende Sicherheitsleistung.

Die Antragstellerin ist ein Zusammenschluss der deutschen Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche wegen nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 UrhG erlaubter Vervielfältigungen gemäß § 54 UrhG geltend machen können. Die Antragsgegnerin befasst sich mit dem Vertrieb von Tablets.

Die Antragsgegnerin erteilte der Antragstellerin am 24. September 2019 die Auskunft gemäß § 54f Abs. 1 UrhG, dass sie im Jahr 2018 insgesamt 35.660 Verbraucher-Tablets und 1.362 Business-Tablets importiert und in Deutschland in Verkehr gebracht habe. Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin hätten 11.844 Tablets einen internen Speicher mit einer Kapazität von bis zu 8 GB und 25.178 Tablets einen solchen mit mehr als 8 GB aufgewiesen.

Ausgehend von diesen Angaben berechnete die Antragstellerin unter Ansatz der in dem Gesamtvertrag mit der BITCOM vereinbarten Vergütungssätze (für das Jahr 2018: 8,75 Euro für ein Verbraucher-Tablet und 3,50 Euro für ein Business-Tablet, unabhängig von der Kapazität des internen Speichers) einen Gesamtbetrag in Höhe von 316.792 Euro. Mit der Zahlungsaufforderung ZP0028349 vom 22.11.2019 wurde dieser Betrag zuzüglich eines Zuschlags von einhundert Prozent nach §§ 54e Abs. 2, 54f Abs. 3 UrhG in Rechnung gestellt. Bislang hat die Antragsgegnerin keine Zahlung geleistet.

Die Antragstellerin beantragte mit Antragsschrift vom 9. Dezember 2019 bei der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz beim Deutschen Patent- und Markenamt (nachfolgend: Schiedsstelle) die Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens gemäß § 92 Abs. 1 Nummer 2 VGG. Dieses Verfahren erhielt das Aktenzeichen SchUrh 95/19. Sie beantragte, den Erlass eines Einigungsvorschlags, wonach die Antragsgegnerin an die Antragstellerin 633.584,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2019 zahlen solle und begehrte zugleich die Anordnung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 160.957,80 Euro. Bei der Berechnung der Höhe der geforderten Sicherheitsleistung hat sie einen Abschlag von fünfzig Prozent bezüglich des von ihr errechneten Abgabebetrags (ohne Zuschlag von einhundert Prozent nach §§ 54e Abs. 2, 54f Abs. 3 UrhG) vorgenommen.

Über den Antrag auf Anordnung einer Sicherheitsleistung entschied die Schiedsstelle durch Beschluss vom 28. Juli 2021 (AS 1). Der Antragsgegnerin wurde aufgegeben, der Antragstellerin zur Erfüllung des verfahrensgegenständlichen Zahlungsanspruchs aus § 54 Abs. 1 UrhG bis spätestens 30. November 2021 Sicherheit in Höhe von 146.000,00 Euro durch eine unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete, schriftliche Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu leisten. Die Höhe des Sicherungsanspruchs errechne sich anhand der in der Auskunft mitgeteilten konkreten Stückzahlen der von der Antragsgegnerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebrachten Tablets, multipliziert mit der von der Schlichtungsstelle als angemessen angesehene Vergütung. Unter Annahme der beauskunfteten Zahlen ergebe sich so ein Vergütungsanspruch in Höhe von 146.045,00 Euro. Der so ermittelte Betrag sei zu runden. Ein Sicherheitsabschlag sei nicht erforderlich.

Am 18. November 2021 (Anlage RS1) unterbreitete die Schiedsstelle einen Einigungsvorschlag dahingehend, dass der Tarif "Tablets" auf die von der Antragstellerin für die für den Zeitraum von 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 geltend gemachten Vergütungsforderungen f...

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