Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr nach tatsächlicher und unstreitiger Erledigung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Beklagte einen Teil der Klageforderung bezahlt und nicht bezweifelt, dass die Klage in der bezahlten Höhe begründet war, so errechnet sich die Terminsgebühr nur aus dem noch offenen Beitrag, wenn die Parteien sodann wegen einer Rücknahme miteinander telefonieren.

 

Normenkette

RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen 13 O 2672/06)

 

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München II vom 29.11.2006 i.d.F. des Beschlusses vom 7.3.2007 wird hinsichtlich des Erstattungsbetrages dahingehend abgeändert, dass dieser auf 674 EUR herabgesetzt wird.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III Der Beschwerdewert beträgt 697,20 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich dagegen, dass eine Terminsgebühr aus dem vollen Hauptsachestreitwert und nicht nur aus 612,74 EUR errechnet wurde.

Die Klägerin verklagte die Beklagten auf Zahlung von 20.000 EUR nebst Zinsen. Der Beklagtenvertreter bestellte sich zunächst, ohne Anträge zu stellen. Zwischen dem 17.7. und 20.7.2006 zahlten die Beklagten 23.191,67 EUR. In diesem Betrag waren vorgerichtliche Mahnkosten und Zinsen enthalten sowie Kosten des Rechtsstreits. Bei diesen wurde berücksichtigt eine 1,3 Verfahrensgebühr gem. 3100 RVG-VV aus einem Streitwert von 20.000 EUR, eine Auslagenpauschale sowie Gerichtskosten i.H.v. 288 EUR. Bei den Gerichtskosten wurde von einer Klagerücknahme ausgegangen.

Nachdem die Klägerin bis zwei Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.8.2006 prozessual auf die Zahlungen nicht reagiert hat, rief der Beklagtenvertreter am 28.8.2006 morgens um 9.40 Uhr beim Klägervertreter an, um sich zu erkundigen, warum die Klage nicht zurückgenommen worden sei. Bei diesem Gespräch wurde darüber gesprochen, dass die Zinsberechnung durch die Beklagten von der Klägerin nicht akzeptiert wird. Der Klägervertreter meinte, dass den Klägern weitere Zinsen zustehen. Im Anschluss an dieses Gespräch nahm der Beklagtenvertreter eine Neuberechnung der Zinsen vor und überwies noch am 28.8.2006 weitere 296,63 EUR. Mit Schriftsatz vom 28.8.2006, der am Abend dieses Tages abgeschickt wurde, wurde die Klage auf 612,74 EUR reduziert und im Übrigen der Rechtsstreit von der Klägerin für erledigt erklärt.

In der mündlichen Verhandlung wurde noch eine Verurteilung wegen eines Restbetrages von 316,11 EUR beantragt und im Übrigen der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Endurteil wurden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 316,11 EUR zu bezahlen. Ihnen wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Mit dem angegriffenen Beschluss wurden die zu erstattenden Kosten auf 2.499 EUR festgesetzt, wobei 775 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer für eine Terminsgebühr aus einem Streitwert von 20.000 EUR berücksichtigt wurden. Von den 2.499 EUR wurden die bezahlten 1.127,80 EUR abgezogen, so dass ein Erstattungsbetrag von 1.371,20 EUR verblieb.

Die Parteien streiten darüber, ob sich aus dem Gespräch am 28.8.2006 eine Terminsgebühr ergibt, die aus einem höheren Streitwert als 612,74 EUR zu berechnen ist. Das LG ist davon ausgegangen, dass dieses Gespräch zu einer Terminsgebühr aus dem Hauptsachewert geführt hat.

II. Die sofortige Beschwerde ist begründet.

Zum Zeitpunkt des Gesprächs am 28.8.2006 war die Klageforderung bezahlt. Streit bestand nur, ob Zinsen in ausreichender Höhe beglichen wurden. Dabei ging es um 612,74 EUR. Erledigungserklärungen oder Rücknahmeerklärungen lagen zum Zeitpunkt dieses Gespräches nicht vor.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass eine Terminsgebühr bei einem Vermeidungs- oder Erledigungsgespräch i.S.v. RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 3 3. Alt. nur aus dem Kostenwert bzw. noch streitigen Hauptsache- oder Zinsbetrag anfällt, wenn zwischen den Gesprächspartnern unstreitig ist, dass im Übrigen die Klageforderung beglichen ist. Die Frage ist streitig. Teilweise wird vertreten, dass weiterhin vom ursprünglichen Klageanspruch auszugehen ist, da dieser noch anhängig ist, solange keine Rücknahme- oder Erledigungserklärung erfolgt ist (Kammergericht AnwBl. 07, 384; Enders JurBüro 2005, 113; N. Schneider AGS 05, 99; Schneider/Wolf/Onderka/Schneider, RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 161 f.). Demgegenüber wird in der Literatur vertreten, dass, wenn unstreitig die gesamte Klageforderung bezahlt ist, der Streitwert der Terminsgebühr sich nur noch aus dem Kostenwert errechnet (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, 17. Aufl., RVG-VV 3104 Rz. 119).

Der Senat folgt der zweiten Auffassung. Prozessrechtlich geht die erste Auffassung von richtigen Voraussetzungen aus. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass gerade beim Gegenstandswert eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht ist. Das steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH, der bei einer einseitigen Erledigungserklärung aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ...

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