Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Beschwerde gegen Versagung der Titelumschreibung

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 28.10.1987; Aktenzeichen 32 O 804/73)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Gläubigers vom 23.11.1987 gegen den Beschluß des Landgerichts München I – Rechtspflegerin – vom 28.10.1987 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf DM 10.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der frühere Ehemann der Antragsgegnerin ist mit Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 4. Dezember 1974 (Anlage zu Bl. 1/7 d.A.) zur Zahlung von DM 40.000,– nebst Zinsen an den Gläubiger verurteilt worden. Es handelte sich um eine Darlehensrückforderung. Der Schuldner ist am 20. Juni 1987 verstorben. Der Gläubiger hat deshalb die Umschreibung des Titels gemäß § 727 ZPO auf dessen Witwe, die Antragsgegnerin, beantragt (Antrag vom 3.9.1987; Bl. 12/13 d.A.). Diesen Antrag hat die Rechtspflegerin am Landgericht München I mit dem angefochtenen Beschluß vom 28.10.1987 zurückgewiesen; eine Rechtsnachfolge sei nicht eingetreten (Bl. 14 d.A.). Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Gläubigers vom 23.11.1987 (Bl. 15/16 d.A.). Er geht davon aus, es liege ein Fall der Sonderrechtsnachfolge vor. Ohne das Pensionsrechtsverhältnis sei es begrifflich ausgeschlossen, daß Frau … Witwengeld bzw. Witwenpension erhalte.

Die Rechtspflegerin (Beschluß vom 27.11.1987; Bl. 17 d.A.) und die Kammer beim Landgericht (Beschluß vom 29.12.1987; Bl. 18 d.A.) haben der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig aber nicht begründet.

1) Die Zulässigkeit der Beschwerde folgt aus § 567 Abs. 1 ZPO (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 15. Aufl. 1987, § 724, 8) in Verbindung mit § 11 RPflG. Die Rechtspflegerin hat ein das Verfahren betreffendes Gesuch, nämlich den Antrag auf Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO, zurückgewiesen.

2) Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Die Voraussetzungen von § 727 ZPO liegen nämlich nicht vor. Es handelt sich um einen Fall behaupteter Rechtsnachfolge auf der Schuldnerseite. Hier kann eine vollstreckbare Ausfertigung nur gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der im Streit befangenen Sache erfolgen, gegen den das Urteil mach § 325 ZPO wirksam ist und auch nur dann, wenn die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

Der Gläubiger geht selbst davon aus, daß ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1967 BGB) nicht vorliegt, weil die Antragsgegnerin die Annahme der Erbschaft nach dem Schuldner wirksam ausgeschlagen hat.

Es liegt aber auch kein Fall der „Sonderrechtsnachfolge” vor, der zu einer Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung gegen die Antragsgegnerin berechtigen würde.

  1. Der Witwe eines Beamten steht nach dessen Tod ein eigenständiger selbständiger Anspruch auf Zahlung von Witwengeld gemäß § 19 BeamtVG zu. Dieser Anspruch ist von dem Anspruch des Beamten selbst unabhängig. Hiervon gehen jedenfalls alle einschlägigen Kommentare aus. Nach Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Loseblatt 1986, § 19, 1 entsteht der Anspruch auf Witwengeld nach dem Tode des Beamten selbständig in der Person der Witwe. Dies folgt aus der Alimentationspflicht des Dienstherrn (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer a.a.O. § 22, 1) und gilt entsprechend für das Waisengeld. Die selbe Auffassung wird von Plog/Wiedow/Beck (Bundesbeamtengesetz mit BeamtVG; Loseblatt, Stand 1986, § 19 BeamtVG, RN 1) unter Hinweis auf Art. 33 Abs. 5 GG vertreten. Nach Leusser/Gerner/Kruis/Seitz, BayBG, 2. Aufl. 1970, Art. 136, 1 ist zwar das Witwengeld aus der Ruhegehaltsanwartschaft des Beamten abgeleitet, es bildet aber gleichwohl den Inhalt eines eigenen Anspruchs der Witwe. Nach Auffassung von Palandt/Edenhofer (BGB, 47. Aufl. 1988, Einleitung 1 c vor § 1922) unterliegt die Versorgungsregelung nach Beamtenrecht nicht dem Erbrecht. Den Hinterbliebenen steht, wenn die Voraussetzungen vorliegen, Witwen- und Waisengeld selbständig zu (Palandt/Edenhofer a.a.O., § 1922, 4a). Aus alldem folgt, daß von einem Fall der Sonderrechtsnachfolge schon aus beamtenrechtlichen Gründen nicht gesprochen werden kann
  2. Dies wird durch § 727 Abs. 1 ZPO bestätigt. Eine Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung kommt nur gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der im Streit befangenen Sache in Betracht, gegen die das Urteil nach § 325 ZPO wirksam ist. Insoweit wird zwar neben dem Gesamtrechtsnachfolger auch der Sonderrechtsnachfolger genannt. Für die Annahme einer Sonderrechtsnachfolge im Sinn von § 727 Abs. 1 ZPO müssen aber besondere Voraussetzungen vorliegen. Nach Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Aufl. 1986, § 727 RN 16 ist die vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen gegen den allgemeinen Rechtsnachfolger (BGH MDR 1956, 542), den Erwerber und den unmittelbaren Besitzer der im ...

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