Entscheidungsstichwort (Thema)

Entzug der Vermögenssorge

 

Verfahrensgang

AG Deggendorf (Beschluss vom 29.09.1999; Aktenzeichen 50 F 381/99)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten … und … wird der Beschluss des Amtsgerichts Deggendorf vom 29.9.1999 (50 F 381/99) aufgehoben.

2. Das Sorgerecht der Beteiligten … und … für den Sonn C., geb. 28.10.1984, wird im Hinblick auf die Vermögenssorge wie folgt eingeschränkt:

Die Sorgeberechtigten haben unverzüglich das Wertpapier- und Barvermögen des Kindes und die Erträgnisse hieraus auf gesonderten, auf den Namen des Kindes lautenden Konten anzulegen.

Zur Abdeckung des Unterhalts des Sohnes sowie als Beitrag des Sohnes zum Unterhalt der Eltern, können letztere monatlich einen Anteil von DM 1.120 aus den Vermögenserträgnissen verwenden.

Im übrigen ist der laufende Ertrag wieder für den Sohn angemessen anzulegen.

Verfügungen über Vermögensbestandteile des Sohnes bedürfen ansonsten der Genehmigung des zuständigen Familiengerichts. Hinsichtlich des Wertpapiervermögens des Sohnes unterliegen die Eltern den Beschränkungen, die insoweit einem Vormund obliegen.

Die Beteiligten … und … haben zum 1.1. und 30.6. eines Jahres bis zur Volljährigkeit des Sohnes … über die Verwendung und den Stand des Vermögens Rechenschaft abzulegen und hierzu alle vom Familiengericht geforderten Erklärungen abzugeben.

3. Die Gerichtskosten und die Kosten der angeordneten Maßnahmen tragen die Beteiligter … und … jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten und Auslagen sind nicht zu erstatten.

4. Der Beschwerdewert wird auf DM 5.000 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der nunmehr fünfzehnjährige … wurde zu 2/9 Erbe seines am 12.2.1998 verstorbenen Großvaters …, nachdem der Vater von …, der Beteiligte … seinen Erbteil ausgeschlagen hatte. Der Nachlass besteht vor allem aus einer verpachteten Tankstelle nebst Mietshaus.

Das Kind erhielt von der Erbengemeinschaft auf das Konto seiner Mutter … DM 52.857,41 sowie ab September 1998 monatlich DM 1.400 bzw. ab Juni 1999 DM 1.120 überwiesen.

Als sich nach Anhörung der Beteiligten herausstellte, dass aus dem Vermögen des Kindes Schenkungen an die Mutter (DM 9.000) und die Schwester (DM 600) vorgenommen worden sein sollen, sowie ein Betrag von 5.600 DM für wohltätige Zwecke gespendet wurde und Anregungen der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Deggendorf – Familiengericht –, gesonderte Konten für den Sohn einzurichten, nicht nachgekommen wurde, entzog diese mit Beschluss vom 29.9.1999 den Eltern die Vermögenssorge, ordnete insoweit Ergänzungspflegschaft an und benannte Rechtsanwalt … zum Ergänzungspfleger.

Hiergegen haben die Eltern von … am 27.10.1999 Beschwerde eingelegt. Die Vermögensverwaltung durch sie sei nicht zu beanstanden und laufe den Interessen des Kindes, das zudem mit allen Verfügungen einverstanden gewesen sei, nicht zuwider.

Die Beschwerdeführer, der Sohn sowie der Ergänzungspfleger wurden persönlich durch den beauftragten Richter angehört.

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf die gem. den §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 u. 3, 516, 518, 519 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässige befristete Beschwerde war von der Entziehung der Vermögenssorge abzusehen.

Zwar hat die gem. § 3 Nr. 2 a RPflG zuständige Rechtspflegerin zu Recht angenommen, dass die bisherige Vorgehensweise der Eltern bei der Verwaltung des Kindsvermögens eine nicht unerhebliche Gefährdung desselben beinhaltete (§ 1666 Abs. 2 BGB). Bereits die Spende von DM 5.600 an eine wohltätige Einrichtung („…”) stellt eine gem. § 1641 BGB unzulässige Schenkung dar, da damit nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wurde. Dass der Sohn hiermit einverstanden war, ist unerheblich. Gleiches gilt für Zuwendungen an die Eltern oder die Schwester.

Es liegt nahe, dass sich der Beteiligte … der im Hinblick auf seine Verschuldung seinen Erbteil ausgeschlagen hat, als eigentlich Berechtigter fühlte und es ihm zunächst erhebliche Schwierigkeiten bereitet haben mag, die Grenzen seiner Befugnisse im Hinblick auf das Kindesvermögen zu erkennen. Dabei ist aber zugleich zu sehen, dass bis zur Aufklärung durch das Amtsgericht im Juni 1999 bei den Beteiligten als juristischen Laien wohl Unkenntnis über die rechtlichen Grenzen der Vermögensverwaltung bestanden hat und insoweit die davor liegenden unzulässigen Vermögensminderungen in einem milderen Licht erscheinen.

Zwar haben die Eltern auch der Anregung des Erstgerichts in dessen Schreiben vom 23.6.1999, das Kindesvermögen auf gesonderten Konten anzulegen bzw. gespendete Gelder zurückzuführen, nicht Folge geleistet. Nachdem dies aber nicht als verbindliche Anordnung gem. § 1667 Abs. 2 ZPO ausgesprochen wurde, erscheint die völlige Entziehung der Vermögenssorge, die nur als äußerstes Mittel in Betracht kommt, wenn sonstige Maßnahmen nicht ausreichen, die konkrete Gefährdung zu beseitigen, noch als unverhältnismäßig (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 58. Aufl., Rz. 8 zu § 1667).

Das gilt umso mehr wenn, wie sich auch in der Anhörung zeigte, die Eitern...

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