Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein vertragliches Widerrufsrecht durch Widerrufsbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf einen Leasingvertrag mit km-Abrechnung, bei dem der Leasingsnehmer nicht zum Erwerb des Fahrzeugs verpflichtet ist oder für einen bestimmten Wert bei Beendigung einzustehen hat, ist § 506 Abs. 2 BGB weder direkt noch analog anzuwenden (aA OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 21220). (Rn. 5)

2. Wird eine Widerrufsbelehrung erteilt, obwohl kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, ist dies aus Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (so BGH BeckRS 2019, 5571). (Rn. 3)

3. Selbst bei einem vertraglichen Widerrufrecht kann der Leasingnehmer nach Fristablauf nur widerrufen, wenn sich der Leasinggeber verpflichtet hat, alle Belehrungspflichten eines gesetzlichen Widerrufsrechts zu übernehmen und bei Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen. (Rn. 3)

4. Wird in den AGB ausgeführt, dass jeder Vertragspartner den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen kann, ist das Kündigungsrecht aus § 314 BGB ausreichend dargestellt. Über die Kündigungsform muss nicht aufgeklärt werden. (Rn. 8)

 

Normenkette

BGB §§ 314, 355, 492, 495, 506

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.05.2019; Aktenzeichen 41 O 7617/18)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 31.05.2019, Az. 41 O 7617/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

1. Bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag handelt es sich nach den bindenden Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils um einen Leasingvertrag mit km-Abrechnung. Da dabei die Klägerin weder zum Erwerb des Fahrzeugs verpflichtet ist, noch die Beklagte vom Kläger den Erwerb verlangen kann, noch der Kläger für einen bestimmten Wert bei Beendigung des Fahrzeugs einzustehen hat, ist § 506 Abs. 2 BGB nicht direkt anzuwenden. Der Senat vermag der Rechtsansicht des OLG Düsseldorf (Urteil vom 20.10.2012 - 24 U 15/12), über die entsprechende Anwendung des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf Leasingverträge mit km-Abrechnung nicht zu folgen (Senatshinweis v. 21.02.2019 - 32 U 163/19; v. 25.02.2019 - 32 U 310/19; v. 08.04.2019 - 32 U 861/19; v. 10.04.2019 - 32 U 123/19; v. 26.04.2019 - 32 U 877/19; v. 08.05.2019 - 32 U 771/19; v. 10.05.2019 - 32 U 715/19; v. 13.05.2019 - 32 U 1562/19; v. 16.05.2019 - 32 U 580/19; v. 20.05.2019 - 32 U 696/19; v. 23.05.2019 - 32 U 1843/19; v. 03.06.2019 - 32 U 860/19; v. 03.06.2019 - 32 U 123/19; Senatsurteil vom 23.05.2019 - 32 U 3840/18 hierzu sehr ausführlich auch Zahn in: v. Westphalen: Der Leasingvertrag, 7. Aufl. 2015, O. Pkw-Leasing III Rn. 44 bis 117 Zahn NJW 2019, 1239). Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften insbesondere über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen und damit auch bei Verbraucherdarlehensverträgen - insbesondere auch § 506 Abs. 1 BGB - nach Erlass der Entscheidung des OLG Düsseldorf geändert wurden, aber die Regelung des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB unverändert belassen wurde, so dass nicht vom Vorliegen einer planwidrigen Lücke ausgegangen werden kann, die eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB rechtfertigt. Hinzu kommt, dass sich auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zum Gesetzgebungsverfahren folgendermaßen geäußert hat:

"Verbraucherschutz bei Leasingverträgen besteht über die Verbraucherkreditrichtlinie und deren Umsetzung im BGB (Leasingvertrag als Finanzierungshilfe). Auf der Verbraucherkreditrichtlinie beruht § 506 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BGB. Über die Richtlinie hinausgehend wurde seinerzeit auch die Fallgruppe des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Restwertleasing) als entgeltliche Finanzierungshilfe anerkannt. Das reine Kilometerleasing (Leasingrate, bei der neben der sog. Mietsonderzahlung die Abrechnung nach der vereinbarten Kilometerleistung während der Leasingzeit erfolgt) hat demgegenüber keine Finanzierungsfunktion, sondern ähnelt eher der Miete. Die Vorschriften des Verbraucherdarlehensrechts hat man daher seinerzeit für das Restwertleasing als nicht passend angesehen."

Damit scheidet ein gesetzliches Rücktrittsrecht aus. Wollte man entgegen den eindeutigen Wortlaut des § 506 Abs. 2 BGB entscheiden, läge eine willkürliche Entscheidung vor.

Sehr fraglich ist, ob ein vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht bestanden hat. Wird nämlich eine Widerrufsbelehrung erteilt, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, ist dies aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbaru...

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