Leitsatz (amtlich)

Der Betreuer eines mittellosen Betroffenen kann allein aufgrund langjähriger Erfahrung auch mit schwierigen Betreuungen nach Ablauf der Übergangsfrist des § 1 Abs. 3 BVormVG keine Erhöhung der Grundvergütung nach § 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG verlangen.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1 S. 2, § 1836a; BVormVG § 1 Abs. 1, 3, § 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 24.05.2005; Aktenzeichen 13 T 1598/05)

AG Erlangen (Aktenzeichen 3-XVII 997/03)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 24.5.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 603,42 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen war vom 20.1.2004 bis 6.6.2005 der Beteiligte zu 1) als Betreuer bestellt. Der Beteiligte zu 1) beantragte für den Zeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2004 Vergütung und Auslagenersatz aus der Staatskasse i.H.v. 2.244,81 EUR. Das AG setzte hierfür einen Betrag von 1.641,39 EUR fest, wobei es dem Beteiligten zu 1) statt des beantragten Stundensatzes von 25,56 EUR lediglich einen solchen von 18 EUR zubilligte. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das LG nach Anhörung des Beteiligten zu 2) mit Beschl. v. 24.5.2005 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Ziel weiter, ihm einen höheren Stundensatz zu gewähren.

II. Die gem. § 56g Abs. 5 S. 2, § 69i Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1, 2 und 4, § 22 Abs. 1 FGG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Der Beteiligte zu 1) könne als Berufsbetreuer eines mittellosen Betroffenen eine Vergütung aus der Staatskasse gem. dem Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern verlangen. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG könne der Beteiligte zu 1) lediglich einen Stundensatz von 18 EUR verlangen. Aufgrund seines Studiums für Maschinenbau habe der Betreuer keine besonderen Erkenntnisse erworben, die für die Führung einer Betreuung von Nutzen sein könnten. Er könne sein Verlangen auf einen höheren Stundensatz auch nicht darauf stützen, dass er im Rahmen seiner Betreuertätigkeit seit 1996 so viele Betreuerkenntnisse erworben habe, dass diese einen erhöhten Stundensatz rechtfertigen würden. § 1 BVormVG stelle für die Erhöhung des Stundensatzes ausdrücklich auf im Rahmen einer spezifischen Ausbildung gewonnene Kenntnisse ab und sei auf den vom Beteiligten zu 1) vorgetragenen Sachverhalt nicht entsprechend anwendbar. Eine Erhöhung des Stundensatzes könne auch nicht aus § 1 Abs. 3 BVormVG hergeleitet werden, da die darin bestimmte Übergangsfrist mit Ablauf der in der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Nachqualifizierung von Berufsbetreuerin verlängerten Übergangszeit vom 31.12.2002 abgelaufen und auf den hier geltend gemachten Vergütungszeitraum nicht mehr anwendbar sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die hier geltend gemachten Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche des Beteiligten zu 1) richten sich nach § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 1836a, § 1908i BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BVormVG, da sie bereits vor dem 1.7.2005 entstanden sind, Art. 229, § 14 EGBGB.

b) Hat das AG festgestellt, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt (§ 1836 Abs. 1 S. 2, 3 BGB), so ist ihm nach § 1836 Abs. 2 S. 1 BGB eine Vergütung zu bewilligen. Ist der Betreute wie hier mittellos, kann der Betreuer die Vergütung aus der Staatskasse verlangen. Die Höhe der Vergütung richtet sich in diesem Fall nach § 1 BVormVG (§ 1836a BGB).

aa) Eine Erhöhung der in § 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG geregelten Grundvergütung von 18 EUR pro Stunde setzt voraus, dass der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind und dass er diese im Rahmen einer der in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BVormVG umschriebenen Ausbildungen erworben hat. Der Senat schließt sich der Auffassung des BayObLG an, wonach unter "besonderen Kenntnissen" solche Kenntnisse zu verstehen sind, die - bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei das Grundwissen je nach Bildungsstand bzw. Ausbildung mehr oder weniger umfangreich sein kann (BayObLGZ 1999, 339). Der Senat teilt auch die Auffassung des BayObLG, dass die Ausbildung zum Diplomingenieur keine besonderen Kenntnisse vermittelt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind (BayObLG, Beschl. v. 29.12.1999 - 3Z BR 348/99 zum Diplomingenieur mit Schwerpunkt Mess- und Regeltechnik mit Pflichtfach "Bürgerliches Recht"; v. 18.10.2000 - 3Z BR 195/00 zur Fachrichtung Maschinenbau).

Der Beteiligte zu 1) hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, noch sind solche aus den Akten ersichtlich, die es rechtfertigen würden anzunehmen, dass er im Rahmen seiner Hochschulausbildung ausnahmsweise entsprechende besondere Kenntnisse erworben hätte, die eine Erhöhu...

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