Leitsatz (amtlich)

Die Ausbildung zum Diplom-Ingenieur (Fachrichtung Maschinenbau) vermittelt keine besonderen Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

 

Normenkette

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 02.05.2000; Aktenzeichen 13 T 3232/00)

AG Erlangen (Entscheidung vom 09.03.2000; Aktenzeichen 2 XVII 719/98)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Für die mittellose Betroffene ist ein Berufsbetreuer bestellt. Diesem bewilligte das Amtsgericht mit Beschluß vom 9.3.2000, ausgehend von einem Stundensatz von 50 DM, als Betreuervergütung einen Betrag von 4.380,50 DM aus der Staatskasse. Die sofortige Beschwerde, mit der der Betreuer einen Stundensatz von 60 DM erreichen wollte, hat das Landgericht am 2.5.2000 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betreuer mit der vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Betreuer habe am 17.2.1961 die staatliche Ingenieurprüfung mit Erfolg abgelegt und sei berechtigt, den Diplomgrad zu führen. Aufgrund dieser Ausbildung erfülle er aber die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG nicht. Nach dieser Vorschrift müsse der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar seien, verfügen und diese müßten durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden sein. Durch seine Ausbildung an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen habe der Betreuer keine besonderen Kenntnisse erlangt, die für die Führung der Betreuung nutzbar seien.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Hat das Vormundschaftsgericht festgestellt, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, hat es ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB).

Ist der Betreute mittellos, kann der Berufsbetreuer Vergütung aus der Staatskasse verlangen (§ 1836a BGB). Die Grundsätze, nach denen diese zu bemessen ist, sind in § 1 Abs. 1 BVormVG niedergelegt. Die dort genannten erhöhten Stundensätze von 45 bzw. 60 DM setzen voraus, daß der Berufsbetreuer über „besondere Kenntnisse” verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind und die durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder durch eine diesen Ausbildungen vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben wurden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG). Hierzu hat der Senat in seinem Beschluß vom 27.10.1999 (BayObLGZ 1999, 339) im einzelnen dargelegt:

(1) „Besondere Kenntnisse” sind Kenntnisse, die – bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet – über ein Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei das Grundwissen je nach Bildungsstand bzw. Ausbildung mehr oder weniger umfangreich sein kann.

(2) Für die Führung einer Betreuung „nutzbar” sind diese Fachkenntnisse, wenn sie ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen.

(3) Durch eine Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG erworben sind für eine Betreuung nutzbare Fachkenntnisse, wenn die Ausbildung in ihrem Kernbereich auf deren Vermittlung ausgerichtet ist, wie etwa bei den Studiengängen Rechtswissenschaften/Rechtspflege, Medizin, Psychologie, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Soziologie oder Betriebswirtschaft. Dem Sinn und Zweck der mit § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG getroffenen Vergütungsregelung entspricht es ersichtlich nicht, einen erhöhten Stundensatz schon deshalb zu gewähren, weil die Ausbildung wegen der Komplexität der betreffenden Fachrichtung daneben auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hatte.

b) Ob ein Berufsbetreuer die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG erfüllt, obliegt der Beurteilung des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Würdigung nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG; BayObLG aaO).

c) Der angefochtene Beschluß, mit dem das Landgericht dem Betreuer den von ihm begehrten Stundensatz von 60 DM versagt hat, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Das vom Betreuer abgeschlossene Ingenieurstudium (Maschinenbau) ist in erster Linie darauf ausgerichtet, Kenntnisse im technischen Bereich zu vermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 29.12.1999 – 3Z BR 348/99). Die vom Betreuer im Rahmen des Studiums erworbenen betriebswirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Kenntnisse stellen keine Kenntnisse dar, die ein gehobenes Grundwissen deutlich übersteigen. Die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse sind zwar für die Betreuung nutzbar, beinhalten aber keine für die Betreuung „besonderen” fachspezifischen Kenntnisse. Daß der Betreuer in erheblichem Umfang rechtliche Aufgaben für den Betroffenen wahrgenommen hat, ist nach de...

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