Leitsatz (amtlich)

Die vom Urheber auf "weitere angemessene Beteiligung" in Anspruch genommenen Inhaber von Nutzungsrechten (Vertragspartner des Urhebers nach § 32a Abs. 1 UrhG sowie Lizenznehmer der Vertragspartner nach § 32a Abs. 2 UrhG) können in der Regel als Streitgenossen gemeinschaftlich verklagt werden. Gibt es für die Klagen keinen gemeinschaftlichen Gerichtsstand, so kann auf Antrag ein gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt werden.

 

Normenkette

UrhG § 32a; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 60

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 7 O 17694/08)

 

Tenor

Als gemeinsam zuständiges Gericht wird das LG München I bestimmt.

 

Gründe

1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist für eine Bestimmung nicht erforderlich, dass es sich bei den gegen mehrere Beklagte gerichteten mehreren Ansprüchen jeweils um den gleichen Streitgegenstand handelt. Die vom Beklagtenvertreter angeführte Fundstelle bei Zöller/Vollkommer (ZPO, 27. Aufl., § 36 Rz. 2a) betrifft einen ganz anderen Fall, nämlich den Fall der objektiven Klagehäufung in der Person eines Beklagten (mag dieser allein oder gemeinsam mit anderen Streitgenossen verklagt werden). Eine Verbindung mehrerer Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten in einer Klage ist nach § 260 ZPO nur zulässig, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig ist. Ist das nicht der Fall, etwa weil für einen Anspruch eine ausschließliche Zuständigkeit eines Gerichts besteht, das für den anderen gegen denselben Beklagten geltend gemachten Anspruch nicht zuständig ist, so versuchen manche Kläger, über einen Antrag analog § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt zu erhalten. Dies lehnen die Gerichte in ständiger Rechtsprechung ab (vgl. nur, wie bei Zöller, a.a.O., zitiert, BayObLG NJW-RR 1999, 1293). Um diese Problematik geht es vorliegend aber nicht. Es wird nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich, dass der Kläger gehindert wäre, seine Ansprüche gegen die einzelnen Beklagten jeweils in einer Klage vor einem für den jeweiligen Beklagten zuständigen Gericht prozessual zu verfolgen.

b) Kriterium nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist vielmehr, ob die Beklagten Streitgenossen sind. Das ist zu bejahen. Die Voraussetzungen des § 60 ZPO - Gleichartigkeit von Ansprüchen aufgrund eines im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grundes - werden in der Rechtsprechung weit ausgelegt. Der Kläger, Kameramann eines berühmt gewordenen Filmwerks, macht als Urheber Ansprüche auf "weitere angemessene Beteiligung" nach § 32a UrhG im Wege der Stufenklage mit vorbereitendem Auskunftsanspruch geltend. Gegen seinen Vertragspartner, die Filmproduktionsfirma, ist der Anspruch auf § 32a Abs. 1 UrhG gestützt, gegen die Lizenznehmer des Vertragspartners auf § 32a Abs. 2 UrhG. Diese Ansprüche lassen sich ohne weiteres als auf einem im Wesentlichen gleichartigen Grund beruhend einordnen, sowohl was das den Ansprüchen zugrunde liegende tatsächliche Geschehen anbelangt - wobei im hier erörterten Zusammenhang allein der Sachvortrag des Klägers maßgeblich ist -, als auch in der rechtlichen Qualifikation. Ausgangspunkt der Ansprüche ist ein einheitlicher Lebenssachverhalt; es geht um das Miturheberrecht des Klägers an einem bestimmten urheberrechtlich geschützten Werk (mag dieses auch in verschiedenen Fassungen verwertet werden), und um Ansprüche, die darauf gestützt sind, dass die mit dem Vertragspartner für die Nutzung vereinbarte Gegenleistung nach der Behauptung des Klägers in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen des Vertragspartners (Abs. 1) und zu den Erträgnissen und Vorteilen der Lizenznehmer (Abs. 2) steht. Ein enger innerer Zusammenhang ist offensichtlich, auch wenn bei jedem der Beklagten andere Nutzungen (auf verschiedenen Verwertungsstufen, in unterschiedlichen Medien) inmitten stehen. Identität der Ansprüche setzt die Streitgenossenschaft gerade nicht voraus, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht, nur Gleichartigkeit.

Dass nur gegen die Beklagte zu 1 eine vertragliche Beziehung des Klägers besteht und der Anspruch auf Vertragsanpassung gerichtet ist, während der Anspruch gegen die Lizenznehmer des Vertragspartners ein gesetzlicher Zahlungsanspruch im Wege der Durchgriffshaftung ist, steht der Annahme der Streitgenossenschaft nicht entgegen. Ebenso wenig hindert die Bestimmung, dass die Frage des auffälligen Missverhältnisses im Verhältnis zu jedem Streitgenossen gesondert zu prüfen ist und für die Ansprüche gegen die Lizenznehmer, insbesondere gegen die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, möglicherweise andere Gesichtspunkte zum Tragen kommen als für den Anspruch gegen den Vertragspartner. Unerheblich ist auch, ob die Beklagten Gesamtschuldner sind; denn dies ist nur einer von mehreren Anwendungsfällen des § 59 ZPO und für die hier gegebene Streitgenossenschaft nach § 60 ZPO ohnehin nicht Voraussetzung.

Schließli...

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