Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung oder Wegfall des Versorgungsausgleichs, Anwartschaften ausschließlich durch Kindererziehungszeiten

 

Verfahrensgang

AG Traunstein (Urteil vom 14.11.2003; Aktenzeichen 1 F 323/03)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird Ziff. 2 des Endurteils des AG – FamG – Traunstein vom 14.11.2003 aufgehoben.

2. Zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der D.T. AG werden auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (Vers. Nr. …) Rentenanwartschaften von monatlich 64,75 Euro, bezogen auf den 30.4.2003, begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Beschwerdewert beträgt 777 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 14.11.1995 geheiratet. Die Antragsgegnerin war in der Ehe im Wesentlichen nicht erwerbstätig; sie hat den Haushalt geführt und die gemeinsamen Töchter, geb. … und …, betreut. Der Antragsteller ist selbständiger Schreinermeister. Seit März 2002 leben die Parteien voneinander getrennt; die Zustellung des Scheidungsantrags ist am 9.5.2003 erfolgt.

Mit Urteil vom 14.11.2003 hat das AG – FamG – Traunstein die Ehe geschieden und in Ziff. 2 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Da nur die Antragsgegnerin, nicht hingegen der selbständige Antragsteller Versorgungsanwartschaften erworben habe, treffe die Antragsgegnerin eine Ausgleichspflicht. Da sie aber auch die beiden Kinder betreut habe und der Antragsteller keinen Unterhalt zahle, sei ein Ausgleich zu ihren Lasten grob unbillig.

Mit seiner Beschwerde rügt der Antragsteller die Versorgungsausgleichsentscheidung als unzutreffend.

Er habe sehr wohl Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben; von 90 Monaten Ehezeit habe er nicht nur nach seinem Einkommen 69 Monate Beiträge geleistet, sondern auch monatlich 107,37 Euro in eine Lebensversicherung für die Antragsgegnerin einbezahlt. Unterhalt könne er wegen der schlechten Einkommensverhältnisse nicht leisten.

Er hat beantragt zu erkennen,

1. Das Urteil in Ziff. 2 und der Beschluss des AG – FamG – Traunstein vom 14.11.2003, AZ: 1 F 323/03 werden aufgehoben.

2. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs ohne Wertausgleich wird zurückgewiesen.

3. Vom Versicherungskonto der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung werden auf das Versicherungskonto Nr. … des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern Rentenanwartschaften von monatlich 47,60 Euro bezogen auf den 30.4.2003 übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, auf dem Versicherungskonto Nr. … des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern Rentenanwartschaften von monatlich 17,15 Euro, bezogen auf den 30.4.2003, durch Beitragszahlungen i.H.v. 3.780,14 Euro zu begründen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Sie hält einen Ausgleich zu ihren Lasten unter den Umständen dieses Falles für grob unbillig und gegen tragende Prinzipien des Versorgungsausgleichs verstoßend. Ihre Anwartschaften beruhten ausschließlich auf Kindererziehungszeiten, nachdem sie in der Ehe nicht erwerbstätig gewesen sei; diese auszugleichen widerspräche Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs, zumal der Antragsteller wie schon in der Ehe seinen Unterhaltspflichten nicht nachkomme und sie von Sozialhilfe leben müsse.

Auch an einem Vermögenserwerb in der Ehe sei sie mangels Zugewinns von Belang nicht beteiligt.

II.. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 1 und 3, 517 ff. ZPO, 20 FGG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Ein Fall grober Unbilligkeit liegt nicht vor, so dass der Versorgungsausgleich gesetzlich durchzuführen ist.

a) Nach den Feststellungen in der Folgesache Versorgungsausgleich haben die Parteien in der Ehezeit vom 1.11.1995 bis 30.4.2003 die folgenden Anwartschaften auf eine Versorgung erworben:

Antragsteller:

Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der LVA Oberbayern im Werte von monatlich 48,57 Euro

Antragsgegnerin:

Anwartschaften auf eine Beamtenversorgung bei der D.T. AG im Werte von monatlich 178,07 Euro.

Eine kleinere Lebensversicherung bleibt in diesem Zusammenhang außer Betracht, nachdem sie auf Kapitalzahlung gerichtet ist.

Bei dieser Sachlage trifft die Antragsgegnerin mit den werthöheren Anwartschaften gem. § 1587a Abs. 1 BGB eine Ausgleichspflicht i.H.v. (178,07–48,57) : 2 = 64,75 Euro monatlich, wobei der Ausgleich gem. § 1587b Abs. 2 BGB durch analoges Quasisplitting zu erfolgen hat.

b) Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Umstände rechtfertigen es nicht, den Versorgungsausgleich in der genannten rechnerischen Höhe auch nur teilweise gem. § 1587c BGB auszuschließen oder einzuschränken.

Das BVerfG (vgl. BVerfG v. 20.5.2003 – 1 BvR 237/97, FamRZ 2003,...

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