Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen von Grundbucheintragungen aufgrund einer Vorsorgevollmacht (Umfang und Form; "Verhinderung" des an erster Stelle Bevollmächtigten).

 

Normenkette

BGB §§ 158, 167; BeurkG § 40 Abs. 3; GBO § 29

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Eigentümer eines Grundstücks. Mit notarieller Urkunde vom 17.9.2009 erklärten die Beteiligten zu 1 bis 3 die Annahme eines am 26.8.2009 durch den verfahrensbevollmächtigten Notar beurkundeten Angebots der Beteiligten zu 4 und 5 auf Abschluss eines Kaufvertrags über dieses Grundstück. Die Beteiligte zu 2 wurde im Notartermin durch ihre Tochter S. H. vertreten. Der Kaufvertrag enthält auch die Bewilligung und den Antrag, eine Eigentumsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 4 und 5 in das Grundbuch einzutragen.

Die Beteiligte zu 2 hatte am 1.8.2008 ihrem Sohn T. H. und bei dessen Verhinderung S. H. eine Vorsorgevollmacht erteilt, sie in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Die Vollmachterteilung sollte eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermeiden und in Kraft bleiben, wenn die Beteiligte zu 2 nach ihrer Errichtung geschäftsunfähig werden sollte. Zur Vermögenssorge (Ziff. 6.3) lautet die Vollmacht:

Sie (= die bevollmächtigte Person) darf mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen im In- und Ausland vornehmen.

Die vorgesehene Rubrik:

Folgende Geschäfte soll sie nicht wahrnehmen dürfen:... blieb unausgefüllt. Angefügt findet sich im Vordruck folgender Klammerzusatz:

Achtung: Für Immobiliengeschäfte,... ist eine notarielle Vollmacht notwendig!

Das Schriftstück, das auch eine Betreuungsverfügung umfasst, enthält die mit dem Dienstsiegel der in Baden-Württemberg gelegenen Stadt M. versehene Zeugenbestätigung eines Mitarbeiters der Stadtverwaltung M., dass die Erklärung von der Verfasserin selbst unterschrieben wurde. Eine ebenfalls beigefügte Patientenverfügung wurde von der Stadt M. am 1.8.2008 amtlich beglaubigt.

Auf den am 24.9.2009 gestellten Antrag der Beteiligten zu 4 und 5, die Eigentumsvormerkung einzutragen, hat das Grundbuchamt am 25.9.2009 eine Zwischenverfügung erlassen, in der es Frist bis 23.10.2009 zur Vorlage der Genehmigung der Beteiligten zu 2 setzte. Dies hat das Grundbuchamt damit begründet, dass die Vorsorgevollmacht lediglich dazu ermächtige, "Vermögen zu verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen vorzunehmen". Zur

Vermögensverwaltung zähle aber nicht die Verfügung über Grundbesitz. Dies ergebe sich allein schon aus dem Begriff "Vermögensverwaltung", wonach nur das vorhandene Vermögen im Bestand zu verwalten sei. Außerdem bringe der in Klammern vorhandene Hinweis auf Immobiliengeschäfte als weitere Einschränkung zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die vorliegende Vollmacht solche nicht abdecken solle, sondern hierfür eine gesonderte notarielle Vollmacht erforderlich sei. Auch der Beglaubigungsvermerk der Stadtverwaltung M. reiche nicht aus. Es sei dies keine einer notariellen gleichgestellte Beglaubigung. Sie entspreche nicht den für das Grundbuchverfahren geltenden Formvorschriften.

Der Erinnerung der Beteiligten hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 2.10.2009 nur insoweit abgeholfen, als die "Bemängelung der Formvorschriften" nicht mehr aufrechterhalten bleibe. Im Übrigen hat es das Rechtsmittel als Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt.

Als Nachweis, dass der in der Vorsorgevollmacht bezeichnete "erste Bevollmächtigte" verhindert gewesen sei, hat der Notar im Beschwerdeverfahren dessen öffentlich beglaubigte Erklärung vorgelegt, er sei zum Beurkundungstermin aus dienstlichen Gründen verhindert gewesen, ferner die Bescheinigung einer privaten Heimsonderschule, dass am fraglichen Tag seine Anwesenheit als Klassenlehrer am Dienstort unbedingt erforderlich gewesen sei.

II. Anwendbar ist, da der Eintragungsantrag nach dem 31.8.2009 gestellt wurde, das seit 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht (vgl. Art. 112 Abs. 1 i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).

Die vom hierzu gem. § 15 Abs. 2 GBO befugten Notar (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rz. 20) für sämtliche antragsberechtigten Beteiligten (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO) eingelegte Beschwerde ist nach § 71 GBO zulässig, führt im Ergebnis jedoch nicht zur Aufhebung der Zwischenverfügung.

1. Allerdings umfasst die Vollmacht (§ 167 BGB) nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("alle Rechtshandlungen") auch die Veräußerung von Grundbesitz. Auszugehen ist für eine derartige im Grundbucheintragungsverfahren verwendete Erklärung (vgl. BayObLG Rpfleger 1993, 189; Demharter § 19 Rz. 28 m.w.N.) von deren Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Aus der Verwendung des Wortes "Verwaltung" folgt keine Einschränkung auf die Wahrung des Vermögensstammes. Dabei kann offen bleiben, ob dann, wenn sich die Vollmacht auf die Verwaltung eines bestimmten Vermögensgegenstandes beschränkt hätte, wie etwa in der vom Grundbuchamt herangezogenen Rechtsprechung des OLG Köln (Urt. v. 31.3.2000 - 19 U 128/99, FamRZ 2000, 1525), dies...

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