Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedürftigkeit des Kindes; freiwilliges Soziales Jahr

 

Normenkette

BGB §§ 1602, 1610 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Miesbach (Aktenzeichen 2 F 528/00)

 

Tenor

1. Der Antrag der Beklagten zu 1) bis 3) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

2. Dem Kläger wird zur Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Frau RA W. bewilligt (§§ 119, 114, 115 ZPO).

Der Kläger hat ab 1.1.2002 auf die Verfahrenskosten monatliche Raten von 230 DM an die Staatskasse zu zahlen.

3. Aus Kostengründen wird den Beklagten nahe gelegt, ihre Berufung vor dem Termin zurückzunehmen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.992 DM festgesetzt (§ 17 Abs. 1 GKG: 12 × (419 + (839 – 716,76) + (621,50 – 575)) = 7.053 DM, § 17 Abs. 4 GKG von 8/00 bis 12/00: 5 × 419 + 122,24 + 46,50 = 2.939 DM)

5. Den Parteien wird aufgegeben, falls die Berufung nicht zurückgenommen wird, zum Termin den Titel vom 25.1.1999 zum Mehrbedarf der Beklagten zu 2) mitzubringen.

 

Gründe

1. Für die eingelegten Berufungen der Beklagten besteht keine Erfolgsaussicht, so dass keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (§§ 119, 114 ZPO).

Die Parteien haben offensichtlich übersehen, dass zum Unterhalt der Beklagten zu 1) und 3) zwei Teiltitel, zum Unterhalt der Beklagten zu 2) drei Teiltitel vorliegen, so dass es an sich aus dem Rechtsgedanken des § 651 ZPO nahe gelegen wäre, im anliegenden Verfahren die Titel zu einem einheitlichen neuen Abänderungstitel zusammenzuführen. Dies ist bedauerlicherweise nicht erfolgt. Gegenstand dieses Verfahrens ist allein der Teiltitel des AG Miesbach v. 26.5.1993 (Az.: F 252/92), der alleine den Tabellenunterhalt der Beklagten ohne Krankenversicherung und ohne Mehrbedarf der Beklagten zu 2) regelt. Über die Krankenversicherung besteht ein eigener Titel durch Vergleich beim OLG v. 31.1.1994 (Az.: 2 UF 1357/93), nach Angaben der Beklagten besteht ferner für den Mehrbedarf der Beklagten zu 2) über 100 DM ein weiterer Titel vom 25.1.1999, der dem Senat bisher nicht vorliegt.

Da Gegenstand des Verfahrens nur der Teiltitel zum Tabellenunterhalt der Beklagten ohne Krankenversicherung und ohne Mehrbedarf der Beklagten zu 2) ist, gehen die diesbezüglichen Einwendungen der Beklagten ins Leere.

Bei der Beklagten zu 1) hat das FamG i.E. zu Recht den Titel vom 26.5.1993 auf 0 geändert. Die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres kann man i.E. nicht anders behandeln, wie die Ableistung des Zivildienstes. Da die Beklagte zu 1) Unterkunft und Verpflegung entweder gestellt bekommt oder ihr dies bezahlt wird und sie daneben noch ein Taschengeld erhält, ist ihr Bedarf, wie beim Zivildienstleistenden, dadurch in vollem Umfang gedeckt. Sie ist dabei unterhaltsrechtlich verpflichtet, die angebotenen Leistungen anzunehmen und nicht durch Wohnen zu Hause mit höheren Fahrtkosten den Bedarf zu erhöhen.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch kein Unterhaltsanspruch mehr bestehen würde, wenn man die Ableistung des sozialen Jahres bei der Beklagten zu 1) als Orientierungsphase für ihr zum damaligen Zeitpunkt geplantes Studium ansieht (vgl. BGH FamRZ 2001, 760).

Nach BayL 15a muss der Kläger bei einer anteiligen Haftung nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB keinen höheren Unterhalt bezahlen, als wenn er alleine haften würde. Geht man entsprechend dem Einkommen des Klägers dann von einem Bedarf der Beklagten zu 1) nach Gruppe 6 Stufe 4 der Düsseldorfer Tabelle i.H.v. 819 DM aus, wäre dieser Bedarf durch ihr Einkommen von 705 DM (795–90 DM ausbildungsbedingter Mehrbedarf) und dem halben Kindergeld von 135 DM gedeckt.

Der Bedarf des Beklagten zu 3) richtet sich, da der Kläger nunmehr zwei Personen ggü. unterhaltsverpflichtet ist, nach der Gruppe 7 (+ 1) Stufe 3 der Düsseldorfer Tabelle und beträgt damit 725 DM, nach Abzug des halben Kindergeldes von 150 DM 575 DM, wie das FamG zutreffend errechnet hat. Die Wesentlichkeitsgrenze wurde damit im Hinblick auf den bisherigen Titel von 621,50 DM nach Auffassung des Senats erreicht, da bei niedrigen Beträgen, wie vorliegend, die Wesentlichkeitsgrenze auch bei Änderungen knapp unter 10 % zu bejahen ist.

Bei der Beklagten zu 2) hat das FamG zutreffend wegen deren Behinderung den Haftungsanteil der sie betreuenden Mutter um 50 % gekürzt. Nachdem die Mutter der Beklagten bereits in Ruhestand ist und die Beklagte zu 2) unter der Woche auswärts untergebracht ist, bzw. seit 11.9.2001 untertags auswärts untergebracht ist, kommt keine Kürzung des Haftungsanteils der Mutter der Beklagten auf 0 in Betracht. Damit soll keineswegs die Leistung der Mutter der Beklagten verkannt oder geschmälert werden. Im Gegenteil, der Senat sieht es als äußerst bedauerlich an, dass sich die Kindeseltern trotz dieses schweren Schicksalsschlages i.E. um geringe Beträge streiten und offensichtlich nicht in der Lage sind, die Betreuungslast z.B. durch rechtzeitige einvernehmliche Absprachen über das vereinbarte Umgangsrecht angemessener zu verte...

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