Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis einer Vereinbarung aller Eigentümer für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum - Anforderungen an einen Änderungsvorbehalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Ermächtigung zur Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum bei einer Klausel in der Teilungserklärung, wonach für einen eventuellen Ausbau des Teileigentums Zustimmungen der Wohnungs-/Teileigentümer und der Hausverwaltung nicht erforderlich sind.

2. Die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum (und umgekehrt) bewirkt eine Inhaltsänderung des Sondereigentums iSv §§ 873, 877 BGB bei allen Wohnungs- und Teileigentümern. Sie bedarf materiellrechtlich gemäß § 5 Abs. 4 S. 1, § 10 Abs. 2 S. 2 WEG einer Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer und grundbuchrechtlich deren Bewilligung gemäß §§ 19, 29 GBO.

3. Von dem Erfordernis der Vereinbarung aller Eigentümer kann nur abgesehen werden, wenn die Mitwirkungsbefugnis der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer durch die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung mit Bindung für die Sondernachfolger (§ 10 Abs. 3 WEG) ausgeschlossen.

4. Ein Vorbehalt künftiger Änderung der rechtlichen Zweckbestimmung unter Ausschluss der Mitwirkung der übrigen Eigentümer ist einer Klausel in der Teilungserklärung, die einen Ausbau von Teileigentumseinheiten ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer gestattet, nicht ohne Weiteres zu entnehmen.

5. Eine im Grundbuchverfahren nicht gänzlich ausgeschlossene ergänzende Vertragsauslegung, die auf den hypothetischen Willen des Bewilligenden abstellt, kommt nicht in Betracht, wenn schon eine Regelungslücke nicht zweifelsfrei festzustellen ist.

 

Normenkette

WEG § 1 Abs. 2-3, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4 S. 1, § 10 Abs. 2 S. 2, Abs. 3; BGB §§ 873, 877; GBO §§ 19, 22, 29

 

Verfahrensgang

AG Laufen (Beschluss vom 04.05.2016)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Laufen - Grundbuchamt - vom 4.5.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte, eine GmbH & Co KG und Teil einer Unternehmensgruppe, ist als Eigentümerin der Teileigentumseinheiten Nrn. 91 und 94 bis 97, jeweils bezeichnet als Dachraum, im Grundbuch eingetragen. Eine andere Gesellschaft der Unternehmensgruppe war Miteigentümerin des bebauten Grundstücks und hatte mit dem weiteren Miteigentümer die von ihr errichteten Häuser im Jahr 1983 in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. In der Teilungserklärung vom 1.6.1983 ist folgendes bestimmt:

II. Begründung von Sondereigentum:

Die Beteiligten bilden mit dieser Urkunde als Miteigentümer Wohnungseinheiten und Teileigentum.

Die Grundstückseigentümer vereinbaren hiermit gemäß § 3 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), das Miteigentum in der Weise zu beschränken, dass Miteigentumsanteile gebildet werden und mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen (Teileigentum) verbunden ist.

...

III. Gemeinschaftsordnung

...

§ 4 Gebrauchsregelung

(1) Wohnungen und die dazugehörigen Nebenräume dürfen nur zu Wohnzwecken benutzt werden. Die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Die Zustimmung kann nur verweigert werden, wenn mit der Ausübung des Berufes oder Gewerbes erfahrungsgemäß eine über § 14 WEG hinausgehende Belästigung der übrigen Wohnungseigentümer oder eine erhöhte Abnutzung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile verbunden ist.

...

§ 9 Bauliche Veränderungen und Verbesserungen

(1) Bauliche Veränderungen, insbesondere Um-, An-, und Einbauten, sowie Installationen dürfen, auch soweit sie das Sondereigentum betreffen, nur mit schriftlicher Zustimmung des Verwalters vorgenommen werden, wenn sie geeignet sind, auf das gemeinschaftliche Eigentum und dessen Benutzung einzuwirken, ein auf Sondereigentum beruhendes Recht über das nach § 4 [Anmerkung: der Gemeinschaftsordnung] zulässige Maß hinaus beeinträchtigen oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändern. Das gleiche gilt von Beseitigungen von Einrichtungen, die bei Übertragung des Sondereigentums vorhanden waren oder später mit Zustimmung des Verwalters geschaffen wurden. Die Zustimmung kann nur aus wichtigem Grunde verweigert werden.

(2) Für die Miteigentumsanteile 91, 94 bis 97 ist eine spätere Nutzung möglich. Hierfür ist für einen eventuellen Ausbau weder die Zustimmung der Wohnungs-/Teileigentümer noch des Verwalters erforderlich. Die Wohnungs-/Teileigentümer dieser Miteigentumsanteile sind jedoch verpflichtet, dem Verwalter den Beginn der Ausbaumaßnahme und der Nutzung anzuzeigen. Nach Beendigung der Ausbaumaßnahme bzw. Beginn der Nutzung werden die ausgebauten Miteigentumsanteile an den Kosten und Lasten gemäß § 11 dieser Urkunde beteiligt.

Eine Nutzung liegt bereits vor, wenn sanitäre Installationen vorgenommen werden.

...

Die Miteigentumsanteile sind unter Bezugnahme auf die Teilungserklärung vom 1.6.1983 und den Nachtrag vom 11.4.1996 im Grundbuch eingetragen...

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