Leitsatz (amtlich)

Im Falle eines erfolgreichen Kostenwiderspruchs ist von dem insoweit unterliegenden Antragsteller neben der 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert eine 0,8 Verfahrensgebühr aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens zu erstatten, wenn der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners einen umfassenden, nicht auf die Kostenfrage beschränkten Verfahrensauftrag hatte (Festhaltung OLG München AnwBl. 2005. 795 = AGS 2005, 496 = OLGR 2005, 818).

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 3100-3101; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 06.07.2012; Aktenzeichen 4 HK O 19033/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.08.2013; Aktenzeichen I ZB 68/12)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert der Beschwerde beträgt 1.288,20 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das LG München I hat gegen die Antragsgegnerin am 1.9.2011 wegen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs ohne vorherige Anhörung im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung erlassen. Die Antragsgegnerin hat ihre Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung der Sach- und Rechtslage beauftragt und sich zur Abgabe einer umfassenden Abschlusserklärung mit ausdrücklichem Verzicht auf einen Widerspruch entschlossen. Gegen die einstweilige Verfügung sind lediglich ein Kostenwiderspruch und Streitwertbeschwerde eingelegt worden. Das LG hat mit Endurteil vom 19.1.2012 die einstweilige Verfügung dahin abgeändert, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Kostenwiderspruchs die Antragstellerin zu tragen habe. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG München mit Beschluss vom 21.3.2012 zurückgewiesen.

Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 6.7.2012 die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten beider Rechtszüge auf 1.849,80 EUR festgesetzt und dabei antragsgemäß neben einer 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert auch eine 0,8 Verfahrensgebühr aus dem Wert der Hauptsache berücksichtigt.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung von zwei Verfahrensgebühren. Zur Begründung wird ausgeführt, die Antragsgegnervertreter seien nur mit der Vertretung im Kostenwiderspruchsverfahren beauftragt gewesen. Es sei somit nur die Verfahrensgebühr aus dem Wert des Kostenwiderspruchsverfahrens angefallen. Selbst wenn zwei Verfahrensgebühren entstanden sein sollten, müsste eine Anrechnung erfolgen. Das gelte erst recht für die Telekommunikationspauschale.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Wenn einem Rechtsanwalt, gegen dessen Auftraggeber im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung auf wettbewerbsrechtliche Unterlassung ergangen ist, ausschließlich der Auftrag erteilt wird, im Kostenpunkt Widerspruch zu erheben, entsteht für ihn nach nahezu einhelliger Auffassung nur eine 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert (BGH NJW-RR 2003, 1293 = JurBüro 2003, 466 = AnwBl. 2003, 592; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Anhang II Rz. 50).

2. Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin jedoch unwidersprochen vorgetragen, er sei von seiner Partei nicht nur mit der Einlegung eines Kostenwiderspruchs beauftragt, sondern umfassend bevollmächtigt worden. Lediglich aus prozessualen Erwägungen heraus sei gegen die einstweilige Verfügung kein Widerspruch eingelegt worden. Im Falle eines umfassenden Verfahrensauftrags entsteht zunächst eine 0,8 Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert, auch wenn letztlich nur ein Kostenwiderspruch eingelegt wird, für den zusätzlich eine 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert anfällt, wobei dann die Obergrenze aus § 15 Abs. 3 RVG zu beachten ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Anhang II Rz. 51).

3. Streitig ist allerdings, ob die 0,8 Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert auch vom unterlegenen Prozessgegner zu erstatten ist.

a) Die wohl herrschende Meinung vertritt die Auffassung, dass im Falle einer Beschränkung der Tätigkeit des Antragsgegnervertreters auf einen Kosten-Widerspruch vom Prozessgegner auch dann nur eine 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert zu erstatten ist, wenn der Prozessbevollmächtigte einen weiter gehenden Auftrag hatte. Begründet wird dies mit der Erwägung, dass die Kosten einer anwaltlichen Beratung, die nicht dem Führen, sondern der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen seien (so zum früheren Recht nach der BRAGO: BGH NJW-RR 2003, 1293 = JurBüro 2003, 466 m.w.N.; OLG Hamburg MDR 2009, 174; OLG Karlsruhe MDR 2007, 1455; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 13, Stichwort "Kostenwiderspruch").

Nach der Rechtsprechung des Senats sind dagegen die bei einem Anerkenntnis geltenden Grundsätze heranzuziehen. Ein erfolgreicher Kostenwiderspruch steht einem sofortigen Anerkenn...

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