Leitsatz (amtlich)

1. Planungsrechnungen der Gesellschaft sind als Ergebnis unternehmerischer Entscheidung im Spruchverfahren nur eingeschränkt, nämlich auf ihre Plausibi-lität überprüfbar. Anpassungen sind nur vorzunehmen, soweit die Planungen nicht plausibel sind.

2. Zur Bemessung des Kapitalisierungszinssatzes, insbesondere des Risikozuschlags.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b, 327f

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.11.2006; Aktenzeichen 1 HKO 27/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.11.2006 (Ziff. 2 des Tenors) dahin abgeändert, dass die angemessene Barabfindung auf 12,61 EUR je auf den Inhaber lautender Stückaktie festgesetzt wird.

II. Im Übrigen werden die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.

IV. Der Geschäftswert für das Verfahren beider Instanzen wird auf 2.026.745 EUR festgesetzt; der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.11.2006 (Ziff. 4 des Tenors) wird insoweit abgeändert.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die angemessene Barabfindung aufgrund des am 14.11.2002 beschlossenen Ausschlusses der Minderheitsaktionäre.

Die Antragsteller waren Aktionäre der C. AG, deren Geschäftstätigkeit vor allem die Vermittlung von Kapitalanlageprodukten über das Internet in Deutschland, Frankreich und Spanien umfasste. Das Grundkapital von 47.587.641 EUR war in ebenso viele auf den Inhaber lautende nennwertlose Stückaktien eingeteilt, die ab 26.4.1999 im Bör-

sensegment "Neuer Markt" und ab 16.9.2002 am Geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse notiert waren. Die Antragsgegnerin erwarb mit Kaufvertrag vom 29.4.2002 zunächst 66,4§ % der Anteile von der damaligen Hauptaktionärin zum Preis von 9,08 EUR pro Aktie und kaufte weitere Aktien im Rahmen eines bis 1.8.2002 geltenden Übernahmeangebotes zum Preis von 12,40 EUR je Aktie, das von 84,8 % der angesprochenen Aktionäre angenommen wurde. Mit weiteren Käufen am Kapitalmarkt erreichte sie eine Beteiligung von 95,05 % und kündigte am 17.9.2002 den geplanten Ausschluss der Minderheitsaktionäre an. Am 14.11.2002 beschloss die Hauptversammlung, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung von 11,75 EUR auf die Hauptaktionärin zu übertragen. Der Beschluss wurde am 19.12.2002 in das Handelsregister eingetragen. In den letzten drei Monaten vor der Hauptversammlung lag der Börsenkurs zwischen 9,62 EUR und 11,68 EUR je Stückaktie. Der gewichtete Durchschnittskurs in den drei Monaten vor Bekanntgabe des geplanten Ausschlusses der Minderheitsaktionäre am 17.9.2002 betrug 11,54 EUR je Stückaktie.

Das LG hat mit Beschluss vom 13.9.2002 die W. K. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als sachverständigen Prüfer bestellt. Sie hat die angebotene Barabfindung als angemessen bewertet unter Hinweis darauf, dass die Unsicherheit der Planung als hoch einzuschätzen sei, jedoch zu angemessenen Ergebnissen führe, weil die Unsicherheit entsprechend hoch im (mit 9,§ % angesetzten) Risikozuschlag erfasst worden sei.

Die Antragsteller haben beantragt, als angemessen eine höhere Abfindung festzusetzen. Das LG hat eine ergänzende schriftliche Stellungnahme des sachverständigen Prüfers eingeholt und diesen in der mündlichen Verhandlung vom 2.12.2004 zur Bewertung angehört. Mit Beschluss vom 21.11.2006 hat das LG die angemessene Barabfindung auf 18,23 EUR je Stückaktie festgesetzt. Dabei ging es abweichend von der Bewertung durch Hauptaktionärin und sachverständigen Prüfer von einem Risikozuschlag von 4 % (statt von 9,§ %) zum Basiszinssatz von 5,5 % aus, was zu einer Herabsetzung des Kapitalisierungszinssatzes von 9,62 % (Phase I) bzw. 8,62 % (Phase II) auf 6,17 % bzw. 5,17 % führte. Weiteren Beanstandungen folgte das LG nicht.

Gegen die Entscheidung des LG haben die Antragsgegnerin sowie die Antragsteller zu 5 und 6 sofortige Beschwerde und die Antragsteller zu 9, 16, 17, 18, 21, 22, 23 und 24 Anschlussbeschwerde eingelegt. Die Beschwerde führenden Antragsteller rügen im Wesentlichen, dass ein zu hoher Basiszinssatz angesetzt worden sei und die Planungsrechnungen der Gesellschaft zu pessimistisch seien. Die Antragsgegnerin hält vor allem den Risikozuschlag von 4 % für viel zu niedrig. Die Planung der Gesellschaft für die Phase I sei übermäßig optimistisch; die geplanten Geschäftszahlen seien nicht erreicht worden. Der Senat hat ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Unternehmenswert eingeholt und den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 23.6.2009 angehört.

II. Die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden sind zulässig (§ 12 Abs. 1 und 2, § 17 Abs. 2 SpruchG). Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin führt zur Herabsetzung der vom LG festgesetzten Barabfindung auf 12,61 EUR je Stückaktie der C. AG. Im Übrigen haben die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden kei...

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