Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass § 899a BGB i.V.m. § 47 Abs. 2 GBO für das Grundbuchamt die Vermutung begründet, dass die eingetragenen Gesellschafter zur Verfügung über einen Gesellschaftsanteil befugt sind, soweit das eingetragene (Grundstücks-)Recht betroffen ist (s. zuletzt Beschluss vom 1.12.2010, 34 Wx 119/10).

2. Dies gilt auch, wenn wegen Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts diese liquidationslos erlischt und das Grundbuch nicht nur hinsichtlich des Gesellschafterbestands, sondern auch hinsichtlich der Fortexistenz der Gesellschaft unrichtig wird.

 

Normenkette

BGB §§ 891, 899a; GBO §§ 19, 22, 47 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Traunstein - Grundbuchamt (Beschluss vom 16.11.2010; Aktenzeichen Bl. 837 und 1358)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 16.11.2010 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, das Grundbuch des AG Traunstein für Waging Bl. 1358 und Bl. 837 antragsgemäß dahingehend zu berichtigen, dass der Beteiligte zu 2 als Eigentümer eingetragen wird.

 

Gründe

I. Im Grundbuch sind gemäß vollzogener Auflassung vom 16.4.1998 die Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer von Grundstücken mit dem Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 11.5.2010 trat der Beteiligte zu 1 seinen nach Angabe hälftigen Gesellschaftsanteil an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) - der Beteiligten zu 3 - mit allen Rechten und Pflichten unentgeltlich an den Beteiligten zu 2 ab, der die Abtretung annahm. Der Beteiligte zu 2 führt die Firma - eine Baugesellschaft - als Einzelunternehmer fort. Hinsichtlich des Grundbesitzes setzten sich die Beteiligten in der Weise auseinander, dass der Beteiligte zu 2 den gesamten Grundbesitz zum Alleineigentum übertragen erhielt. Die Beteiligten zu 1 und 2 erklärten im eigenen Namen die Auflassung; sie beantragten und bewilligten ferner die Eintragung des Eigentumsübergangs in das Grundbuch.

Unter dem 26.8.2010 hat der mit dem Vollzug der Urkunde beauftragte Notar gemäß § 15 GBO Eintragungsantrag gestellt. Die in der Urkunde enthaltene Eintragungsbewilligung hat das Grundbuchamt als Berichtigungsbewilligung ausgelegt. Dementsprechend haben die Beteiligten zuletzt den Urkundenvollzug im Wege der Grundbuchberichtigung beantragt.

Mit Beschluss vom 16.11.2010 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Eintragungsantrag auf eine berichtigende Eintragung abziele. Dessen zwingende Voraussetzung sei es, entweder dass eine gesetzliche Vermutung dafür bestehe, der im Grundbuch eingetragene anteilsübertragende Gesellschafter sei tatsächlich wahrer Gesellschafter der GbR, auch die übrigen bisherigen Gesellschafter hätten aktuell die Gesellschafterstellung inne und weitere Gesellschafter außer den im Grundbuch verlautbarten seien nicht vorhanden, oder - soweit es keine gesetzliche Vermutung dafür gebe - die jeweiligen Umstände seien in der Form des § 29 GBO nachgewiesen. Eine gesetzliche Vermutung nach § 899a Satz 1 BGB, Art. 229 § 21 EGBGB bestehe bei einer Anteilsübertragung nicht, weil es nicht um das Eigentum der GbR, sondern ausschließlich um die Rechtsinhaberschaft des Gesellschafters an seinem Gesellschaftsanteil gehe. Die Abtretung eines Gesellschaftsanteils an einer GbR, welcher Grundstücke gehörten, sei keine unmittelbar auf das Immobiliarsachenrecht bezogene Rechtshandlung. GbR-Anteilsübertragungen könnten auch nach Inkrafttreten des ERVGBG nicht wieder genauso und unter denselben Voraussetzungen im Grundbuch vollzogen werden, wie dies vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR der Fall gewesen sei. Insoweit trete das Grundbuchamt den einschlägigen Erwägungen von Bestelmeyer (Rpfleger 2010, 169/185 f.) bei, die durch anderweitige Meinungen in Rechtsprechung (namentlich OLG Zweibrücken FGPrax 2010, 22; OLG München vom 7.9.2010 - 34 Wx 100/10, NJW-RR 2010, 1667) und Literatur (insbesondere DNotI-Report 2010, 145; Heinze RNotZ 2010, 289/305) nicht außer Frage gestellt würden.

Die deshalb erforderlichen Nachweise, dass eine GbR-Anteilsübertragung stattgefunden habe, seien nicht erbracht und könnten auch nicht erbracht werden. Eine Grundbuchberichtigung entweder aufgrund Berichtigungsbewilligung oder aufgrund Unrichtigkeitsnachweises sei demnach nicht möglich, so dass der Eintragungsantrag zwingend zurückzuweisen sei. Eine Ausnahme von der Formstrenge des § 29 GBO komme nicht in Betracht.

Hiergegen wendet sich die vom Urkundsnotar für die Beteiligten zu 1 und 2 eingelegte Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung, ein Gesellschafter könne seine Anteile abtreten und mit einer Berichtigungsbewilligung im Grundbuch umschreiben lassen. Beim Gesellschafterwechsel sei lediglich das formelle Konsensprinzip anzuwenden.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Die nach § 71 Abs. 1, § 73 sowie § 15 GBO namens der beteiligten G...

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