Leitsatz (amtlich)

1. Für eine Auslegung einer Verfügung von Todes wegen bei der Zuwendung von mehreren Einzelgegenständen als (quotale) Erbeinsetzungen bedarf es einer Darlegung der hierfür maßgebenden Erwägungen.

2. Greift das Beschwerdevorbringen die in der Ausgangsentscheidung erkannte Erbeinsetzung betreffend eine Vermögensgruppe an, muss sich die Nichtabhilfeentscheidung damit auseinandersetzen, aus welchen Gründen auf eine Erbeinsetzung erkannt wurde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ausgangsentscheidung keinerlei Ausführungen für die Annahme einer Erbeinsetzung enthält.

3. Die Berechnung von Erbquoten muss in der Entscheidung so darstellt werden, dass sie von den Beteiligten unmittelbar aus den Gründen der Entscheidung nachvollzogen werden kann. Hierzu bedarf es gegebenenfalls der konkreten Darlegung der Berechnungsgrundlagen (zB Werte des Grundbuchauszugs, Bodenrichtwerttabelle, Werte der Brandversicherungsurkunde samt Tabellenansatz zur Berechnung der Gebäudewerte usw.).

4. Die Berechnungsgrundlagen sind vorab sämtlichen Beteiligten zur Wahrung deren rechtlichen Gehörs mitzuteilen, sofern sie nicht offenkundig oder allgemein bekannt sind.

 

Tenor

1. Die Sache wird unter Aufhebung der Nichtabhilfentscheidung des Amtsgerichts Freyung - Nachlassgericht - vom 21.6.2016 samt Vorlageverfügung aufgehoben.

2. Die Akten werden dem Amtsgericht Freyung - Nachlassgericht - zur (erneuten) Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde führt in entsprechender Anwendung von § 69 Abs.1 S.2 FamFG zur (erneuten) Aufhebung der Abhilfeentscheidung und Zurückverweisung an das Amtsgericht, weil dieses sich mit dem Beschwerdevorbringen in der gebotenen Art und Weise auseinandergesetzt hat.

1. Die Anforderungen an die Begründungsintensität im Rahmen des Abhilfeverfahrens hängen vom Einzelfall ab. Wird die Beschwerde nicht begründet, oder enthält die Beschwerdebegründung keine wesentlich neuen Gesichtspunkte, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, so kann eine kurze Begründung oder auch nur Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung durchaus ausreichen. Anders verhält es sich bei (grundsätzlich zulässigem) neuem wesentlichem Vorbringen des Beschwerdeführers, oder wenn das wesentliche Vorbringen zwar nicht neu ist, aber die Ausgangsentscheidung die tragende Argumentation des Beschwerdeführers nicht behandelt hat. Zwar ist dann ein Eingehen auf alle Ausführungen - wie auch sonst in gerichtlichen Entscheidungen - nicht erforderlich. Der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss muss aber jedenfalls erkennen lassen, dass der Erstrichter das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet und seiner Verpflichtung zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist (vgl. Senatsbeschluss in FamRZ 2010, 1000; OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 653).

2. Diesen Anforderungen wird die Abhilfeentscheidung des Nachlassgerichts nicht gerecht. Sie setzt sich nicht mit dem in der Beschwerdeschrift u.a. erhobenen Einwand der Beschwerdeführerin auseinander, dass eine "Erbengemeinschaft nur bezüglich des "restlichen Geldvermögens" (vgl. Bl. 78 d. Akte) besteht. Insoweit wendet sich die Beschwerdeführerin im Kern gegen die Testamentsauslegung durch das Nachlassgericht.

Das Nachlassgericht hat in seine Entscheidung lediglich pauschal an Hand der Werte der zugewendeten Vermögensgruppen jeweils eine Erbeinsetzung der Bedachten angenommen. Ausführungen hinsichtlich einer Auslegung des Testaments entsprechend den zu § 2087 Abs. 2 BGB anerkannten Grundsätzen (vgl. Palandt/Weidlich 76. Auflage ≪2017 ≫ § 2087 Rn. 2 ff), also ob durch die Zuwendung der Vermögensgruppen überhaupt eine Erbbeinsetzung erfolgt ist bzw. ob in den Zuwendungen auch jeweils eine Erbeinsetzung zum Ausdruck gebracht wird, finden sich in der Entscheidung nicht.

Demgemäß hat das Nachlassgericht auch nicht erwogen, ob die Erblasserin in der Zuwendung der "Besitzanteile des Wohnhauses", der "Besitzanteile an den Waldstücken" sowie eines "Geldbetrages iHv 10.000" jeweils Vermächtnisse angeordnet hat. Eine solche Überlegung bzw. Auseinandersetzung im Rahmen einer durchzuführenden Auslegung des Testaments drängt sich bereits deswegen auf, da der zugewandte Wald (Wertansatz des Nachlassgerichts iHv 4.269 EUR) und der Geldbetrag iHv 10.000 EUR nur einen geringen Bruchteil des Gesamtnachlasswertes der Erblasserin darstellt, und es insofern fraglich erscheint, ob die Erblasserin damit die Vorstellung verbunden hat, dass die beiden Bedachten ihre Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht sein sollen. Insofern könnte die Erblasserin auch ein Vermächtnis zugunsten der Bedachten angeordnet haben. Mit diesen beiden Zuwendungen steht die Anordnung der Erblasserin betreffend das Wohnhaus in unmittelbaren textlichen Zusammenhang, so dass diesbezüglich auch eine Auslegung möglich erscheint, dass die Erblasserin damit ebenfalls ein Vermächtnis zugunsten der Beteiligten zu 3 getroffen hat. Demgemäß könnte - wie von der Besch...

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