Leitsatz (amtlich)

1. Bei Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils ist nur der gute Glaube an die Anteilsinhaberschaft des Veräußerers, nicht aber an dessen uneingeschränkte Verfügungsbefugnis geschützt. Im Falle einer aufschiebend bedingten Veräußerung findet deshalb ein gutgläubiger Zwischenerwerb durch einen Dritten nicht statt.

2. In diesen Fällen ist die Zuordnung eines Widerspruchs zur beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste weder erforderlich noch zulässig.

 

Normenkette

BGB § 161 Abs. 1, 3; GmbHG § 16 Abs. 1, 3, § 40

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 06.07.2010; Aktenzeichen HRB 88272)

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG München vom 6.7.2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit der übersandten - infolge einer Kapitalerhöhung geänderten - Gesellschafterliste vom 10.3.2010 wurde zugleich ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Gesellschafterliste bezüglich Ziff. 2.2 und Ziff. 3 zur Eintragung eingereicht, weil nach Veräußerung der vorgenannten Geschäftsanteile die Verfügungsbefugnis des in der Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesenen Veräußerers durch aufschiebend bedingte Verfügung beschränkt sei.

Mit Beschluss vom 6.7.2010 lehnte das Registergericht die Zuordnung des Widerspruchs gegen die Richtigkeit der Gesellschafterliste vom 10.3.2010 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Das Registergericht half ihr nicht ab und legte die Akten dem OLG zur Entscheidung vor.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht die Aufnahme eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste vom 10.3.2010 zurückgewiesen.

1. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 und 4 GmbHG kann aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet, der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet werden. Sinn und Zweck der Eintragung eines Widerspruchs ist die Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs eines Geschäftsanteils aufgrund Unrichtigkeit der Gesellschafterliste. Eine solche Unrichtigkeit der Gesellschafterliste ist aber vorliegend gerade nicht gegeben. Denn trotz Veräußerung des Geschäftsanteils bleibt der Veräußerer bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung Rechtsinhaber des Geschäftsanteils. Eine Veränderung i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, die eine Unrichtigkeit der Gesellschafterliste bedingt, liegt insofern gerade nicht vor (vgl. dazu auch OLG München NJW 2010, 305 zur Zurückweisung einer Gesellschafterliste durch das Registergericht, die einen Hinweis auf eine aufschiebend bedingte Abtretung enthält).

2. Entgegen dem Beschwerdevorbringen besteht auch keine Erforderlichkeit für die Eintragung eines Widerspruchs, um einen etwaigen gem. § 161 Abs. 3 BGB, § 16 Abs. 3 GmbHG möglichen zwischenzeitigen Gutglaubenserwerb durch einen Dritten zu verhindern. Eine solche Notwendigkeit erkennt der Senat nicht. Denn nach seiner Auffassung kann ein Gutglaubenserwerb durch einen Dritten bei (erneuter) Veräußerung durch den (bisherigen) Anteilsinhaber nicht erfolgen, da sich der nach § 16 Abs. 3 GmbHG mögliche Gutglaubensschutz nicht darauf erstreckt, dass der Veräußerer, der wirklich Inhaber eines Geschäftsanteils ist, in dem von ihm behaupteten Umfang tatsächlich verfügungsbefugt ist.

Ob ein gutgläubiger Erwerb eines Geschäftsanteils bei aufschiebend oder auflösend bedingter Übertragung über § 161 Abs. 3 BGB i.V.m. § 16 Abs. 3 GmbHG überhaupt möglich ist, ist umstritten.

a) Der überwiegende Teil des Schrifttums hält einen solchen Gutglaubenserwerb mit unterschiedlicher Begründung grundsätzlich für möglich (Staudinger/Bork, BGB [2010], § 161 Rz. 15; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG [2009], § 16 Rz. 69; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG [2009], § 16 Rz. 63; Scholz/Seibt, GmbHG [2010], § 16 Nachtrag MoMiG Rz. 79; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis [2009], Rz. 576; Heckschen/Heidinger/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis [2009], § 13 Rz. 141; Oppermann, DB 2009, 2306; ders., ZIP 2009, 651, 652; Schneider, NZG 2009, 1167/1168; Schreinert/Berresheim, DStR 2009, 1265, 1267; Kamlah, GmbHR 2009, 841, 843; Wachter, ZNotP 2008, 378, 396 f.; ders., GmbHR 2009, 1216, 1217; Wicke, GmbHG § 16 Rz. 20; Wicke, NotBZ 2009, 1, 15; Reymann, WM 2008, 2095, 2097; ders., GmbHR 2009, 343 f.; Klöckner, NZG 2008, 841, 842; Vossius, DB 2007, 2299, 2301; Hellfeld, NJW 2010, 411, 412; Frenzel, NotBZ 2010, 129) und leitet daraus die Notwendigkeit der Zuordnung eines Widerspruchs an dem betreffenden Geschäftsanteil ab (vgl. Wälzholz, MittBayNot 2008, 425, 436; Oppermann ZIP 2009, 651 f.; ders., DB 2009, 2306 f.; Schneider, NZG 2009, 1167 f.), bzw. die Eintragung eines Vermerks über die aufschiebend bedingte Anteilsveräußerung in der Veränderungsspalte der Gesellschafterliste (sog. Zwei-Listen-Modell; vgl. dazu Reymann, GmbHR 2009, 343, 347; Wicke, NotBZ 2009, 1/16; Herrler, BB 2009, 2272, 2275 ff.).

b) Teile der Literatur hingegen verneinen die Anwendba...

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