Leitsatz (amtlich)

Erhöht der Hauptaktionär im Rahmen eines Vergleichs zur Beendigung anhängiger Anfechtungsverfahren das Angebot auf Barabfindung, so ist dieses in einem nachfolgenden Spruchverfahren Gegenstand der Angemessenheitsprüfung.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b, 327 f., § 328

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen 1 HK O 6769/03)

 

Tenor

I. Die weiteren Beschwerden der Antragsteller zu 1, 8 und 9, 12 bis 15 und 24 sowie 17 und 18 gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 29.11.2006 werden zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

III. Die von der Antragsgegnerin zu erstattenden Vergütungen und Auslagen des Vertreters der außenstehenden Aktionäre werden auf 1.104,32 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin war Hauptaktionärin der E.-Bank AG (im Folgenden: Gesellschaft) und hielt zum Zeitpunkt des Berichts über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre 99,37 % des Grundkapitals der Gesellschaft. Der Bericht kam zu einer angemessenen Barabfindung von 7,94 EUR je Stückaktie. Die von der Antragsgegnerin festgelegte Barabfindung je Stückaktie betrug 9,30 EUR. Am 15.4.2003 beschloss die Hauptversammlung der Gesellschaft mit 99,95 % der vertretenen Stimmen, die Aktien der Gesellschaft auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Gegen diesen Beschluss haben verschiedene Aktionäre Klage erhoben. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs erhöhte die Antragsgegnerin das Barabfindungsgebot um 4,20 EUR auf 13,50 EUR je Stückaktie. Nach der am 22.7.2003 im elektronischen Bundesanzeiger erfolgten Bekanntmachung dieses Vergleichs steht diese erhöhte Barabfindung allen Minderheitsaktionären der Gesellschaft zu, die am Tage der Eintragung des Beschlusses über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre in das Handelsregister Aktionäre der Beklagten (hier: Gesellschaft) waren. Die Parteien des gerichtlichen Vergleichs waren sich darüber einig, dass die Minderheitsaktionäre aus dem Prozessvergleich einen unmittelbaren Anspruch gegen die beigetretene Antragsgegnerin erwerben. Die Parteien des Prozessvergleichs waren sich ferner darüber einig, dass dieses Rechtsgeschäft ein echter Vertrag zugunsten Dritter sei. Das Angebot der Antragsgegnerin umfasste im Weiteren die Verzinsung der genannten Abfindung vom Tag der Hauptversammlung an mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB. Der gerichtliche Vergleich enthielt ferner die Bestimmung, dass sich die Antragsgegnerin ggü. den Minderheitsaktionären, welche sich an keinem Spruchverfahren beteiligen, verpflichtete, einen weiteren Erhöhungsbetrag von 1,50 EUR je Aktie zu bezahlen.

Der Beschluss der Hauptversammlung über den Squeeze-out ist am 16.7.2003 im Handelsregister eingetragen worden.

Nach dem Beschluss der Hauptversammlung beantragten mehrere Antragsteller die Festsetzung einer höheren Barabfindung. Das LG hat die sachverständigen Prüfer in mündlicher Verhandlung angehört. Mit Beschluss vom 29.11.2006 hat es die Anträge auf gerichtliche Festsetzung der Barabfindung zurückgewiesen und bestimmt, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Gegen den Beschluss des LG haben folgende Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt:

  • die Antragstellerin zu 1 am 12.12.2006
  • die Antragstellerinnen zu 8 und zu 9 am 27.12.2006
  • die Antragsteller zu 12, 13, 14, 15 und 24 am 21.12.2006
  • die Antragsteller zu 17 und 18 am 25.12.2006.

Der Senat hat nicht mündlich verhandelt.

II. Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG). Der vom LG herangezogene Stichtag für die maßgeblichen Wertverhältnisse des 15.4.2003 ist zutreffend.

Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BayObLG v. 19.10.1995 - BReg.3 Z 17/90, AG 1996, 127; Hüffer AktG 7. Aufl., § 327b Rz. 4). Zu ermitteln ist der Grenzwert, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGH v. 4.3.1998 - II ZB 5/97, BGHZ 138, 136, 140 = AG 1998, 286).

2. Das LG hat unter Zuhilfenahme der von ihm bestellten sachverständigen Prüfer bei der Ermittlung des Werts die Ertragswertmethode angewendet. Dies entspricht der nahezu gängigen Praxis der Gerichte (vgl. BGH v. 21.7.2003 - II ZB 17/01, BGHReport 2003, 1337 = GmbHR 2003, 1362 = AG 2003, 627/628; BayObLGZ 1998, 231/235). Eine bestimmte Bewertungsmethode zur Ermittlung der angemessenen Abfindung ist allerdings...

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