Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchverfahren: Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung nach deren Aufhebung; Umdeutungsmöglichkeit bei einer späteren endgültigen Zurückweisung des Eintragungsantrages; Vermutungswirkung für die Gesellschafterstellung bei einer eingetragenen GbR

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Art. 4 Abs. 10 ERVGBG des am 18.8.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs im Grundbuchverfahren wird für eine im Grundbuch eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch vermutet, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO im Grundbuch eingetragen sind und darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind, § 899a BGB. Diese Vermutungswirkung gilt nach der Übergangsvorschrift in Art. 4 Abs. 9 Nr. 1 ERVGBG auch dann, wenn die Eintragung vor dem Zeitpunkt des neuen Gesetzes erfolgt.(Rz. 10)

Die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung wird unzulässig, wenn die Zwischenverfügung aufgehoben wird.(Rz. 7) Sie kann nicht in eine Beschwerde gegen die gleichzeitig erfolgte Zurückweisung des Eintragungsantrags umgedeutet werden.(Rz. 8)

 

Normenkette

GBO § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 71 Abs. 1; ERVGBG Art. 4 Abs. 9 Ziff. 1, Abs. 10; BGB §§ 133, 899a

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 08.06.2009; Aktenzeichen 2 T 1437/09)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des LG München II vom 18.6.2009 aufgehoben und die Sache an das LG München II zurückgegeben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2 (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR) sind in Erbengemeinschaft als Eigentümer einer Eigentumswohnung im Grundbuch verlautbart, als Gesellschafter der Beteiligten zu 2 die Beteiligten zu 3 bis 5. Sie wollen sich dergestalt weiter auseinandersetzen, dass die Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum zu Alleineigentum erhält. Die Beteiligte zu 1 hat nach Bewilligung und Auflassung beantragt, sie als Alleineigentümerin einzutragen. Das Grundbuchamt hat am 19.2.2009 eine Zwischenverfügung erlassen und darin der Beteiligten zu 1 aufgegeben, eine eidesstattliche Versicherung eines der Gesellschafter der Beteiligten zu 2 vorzulegen, die darüber eine Aussage trifft, dass außer den handelnden Gesellschaftern keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind. Die Beteiligte zu 1 hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Hierauf hat das AG mit Beschluss vom 19.3.2009 die Zwischenverfügung vom 19.2.2009 aufgehoben, den Eintragungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde dem LG zur Entscheidung vorgelegt. Das LG hat das Rechtsmittel als Beschwerde gegen die Zurückweisung ausgelegt und mit Beschluss vom 18.6.2009 die Beschwerde "gegen die Zwischenverfügung vom 19.2.2009 (in Form des Beschlusses vom 19.3.2009)" zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II. Anzuwenden ist das bis 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht (Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG).

Die weitere Beschwerde ist nach §§ 78, 80 Abs. 1 i.V.m. § 15 GBO statthaft und zulässig, da die Beteiligte zu 1 sich gegen die Zurückweisung ihrer Beschwerde wendet. Sie ist auch in der Sache erfolgreich.

1. Das LG hat ohne nähere Begründung die Beschwerde als zulässig angesehen, sie jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die für die Wirksamkeit einer Erklärung erforderliche Vertretungsbefugnis der auf Seiten des Veräußerers handelnden Personen zu überprüfen sei. Ein geeigneter Nachweis liege nicht vor.

2. Die Entscheidung des LG ist aufzuheben, da sie über die endgültige Zurückweisung des Eintragungsantrags entscheidet. Gegen diesen liegt aber eine Beschwerde nicht vor.

a) Das LG hat die Beschwerde gegen "die Zwischenverfügung vom 19.2.2009 (in Form des Beschlusses vom 19.3.2009)" zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 19.3.2009 hat das AG jedoch seine Zwischenverfügung aufgehoben und gleichzeitig den Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 GBO) zurückgewiesen. Der Beschluss vom 19.3.2009 stellt also dessen endgültige Zurückweisung und verfahrensrechtliche Erledigung dar (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GBO).

b) Die Beteiligte zu 1 hat Beschwerde gem. § 71 Abs. 1 GBO eingelegt gegen die zunächst ergangene Zwischenverfügung. Nach Aufhebung der Zwischenverfügung hat sich die Beschwerde erledigt (vgl. KG KGJ 51, 276/278; Meikel/Streck GBO 10. Aufl., § 71 Rz. 35; Demharter, GBO, 26. Aufl., § 71 Rz. 35). Sie ist nachträglich gegenstandslos und demzufolge unzulässig geworden. Diese Folge wäre nur zu vermeiden gewesen, wenn die Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt worden wäre (vgl. BayObLGZ 1993, 138; Demharter, a.a.O.), was bisher nicht stattgefunden hat, nun aber noch nachgeholt werden kann. Auch über eine unzulässig gewordene Beschwerde hätte es einer Sachentscheidung des Beschwerdegerichts bedurft.

Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde kann auch nicht in eine Beschwerde gegen die spätere Zurückweisung des Eintragungsantrags umgedeutet werden. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil bei Einlegung der Beschwerd...

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