Leitsatz (amtlich)

Die Bezeichnung eines Teileigentums als "Laden" in der Teilungserklärung ist eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Dieser Zweckbestimmung entspricht die Nutzung mit einem (Fisch-)Großhandelsgeschäft nicht. Eine solche Nutzung beeinträchtigt die übrigen Eigentümer über das zugelassene Maß hinaus.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.08.2006; Aktenzeichen 1 T 7299/06)

AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1430/05)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 9.8.2006 wird zurückgewiesen.

II. Die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer größeren Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragsteller ist Sondereigentümer der Einheit Nr. 54, die in der Teilungserklärung mit "Laden" bezeichnet ist. Die Nutzfläche des Sondereigentums beträgt im Erdgeschoss ca. 360 qm und im Kellergeschoss ca. 165 qm. Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Nutzungsmöglichkeit dieser Einheit.

Die Teilungserklärung der Gemeinschaft vom 10.12.1968 enthält eine Regelung, wonach die Vermietung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten an Dritte der Genehmigung durch den Verwalter bedarf. Wenn dieser sie verweigert, entscheidet über die Genehmigung die Eigentümergemeinschaft.

Der Antragsteller hat mit Vertrag vom September 2005 einen Miteigentumsanteil in der Wohnanlage, verbunden mit dem Sondereigentum an der Einheit Nr. 54, erworben und ab 1.11.2005 an eine Firma vermietet, die dort einen Fisch- und Feinkosthandel betreibt. Ca. 80 % des Gewerbes betreffen den Großhandel, zu ca. 20 % werden die Waren im Einzelhandel verkauft. Mit Schreiben vom 13.10.2005 beantragte der Antragsteller bei der Hausverwaltung die Genehmigung dieser Vermietung. Die Hausverwaltung verweigerte die Zustimmung und berief eine außerordentliche Eigentümerversammlung ein. Diese beschloss in der Sitzung vom 7.11.2005:

"Zu Punkt 2 der Tagesordnung

Beschlussfassung über die Genehmigung des Antrages des Miteigentümers Herrn H. im Teileigentum Nr. 54 (Laden) ein Fisch- und Feinkostgroß- und Einzelhandel zu eröffnen. (...)

Somit ist der Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt.

Beschlussfassung über die Genehmigung, im Teileigentum Nr. 54 (Laden gemäß Teilungserklärung) einen Fisch- und Einzelhandel zu eröffnen unter Beachtung der gesetzlichen Ladungsöffnungszeiten. (...)

Somit ist der Beschlussantrag mehrheitlich genehmigt."

Der Antragsteller hat im amtsgerichtliche Verfahren den ersten unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2 gefassten Beschluss angefochten und beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Vermietung seines Ladens an die Firma L. zum Betrieb eines Fisch- und Feinkostgroßhandels zu genehmigen. Das AG hat dem Antrag am 6.4.2006 stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG diese Entscheidung mit Beschluss vom 9.8.2006 aufgehoben und die Anträge abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Das LG hat zur Sache ausgeführt:

Der in der Eigentümerversammlung vom 7.11.2005 unter TOP 2 gefasste Beschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem Antragsteller stehe kein Anspruch auf Genehmigung eines Großhandels in seinem Teileigentum zu. In der Teilungserklärung sei dieses Sondereigentum als "Laden" bezeichnet worden. Hierin sei eine Zweckbestimmung zu sehen, die Vereinbarungscharakter habe. Durch diese Zweckbestimmung werde der Umfang des zulässigen Gebrauchs vorgegeben. Dem entspreche ein Großhandel nicht, da unter einem Laden typischerweise ein Einzelhandelsgeschäft zu verstehen sei.

Eine weitergehende Nutzung als die zu Zwecken eines Einzelhandels sei nur zulässig, wenn diese nicht mehr beeinträchtige als ein alleiniger Einzelhandel. Das sei hier bei dem zusätzlich betriebenen Großhandel nicht der Fall. Für die Beurteilung komme es nicht auf den konkreten Einzelfall, sondern auf eine typisierende Betrachtungsweise an, also darauf, ob die von der Zweckbestimmung abweichende Nutzung generell zu stärkeren Beeinträchtigungen führe. Ein Großhandel sei typischerweise durch große Warenmengen und Auslieferung der Waren an den Kunden geprägt. Es sei damit zu rechnen, dass die Anlieferfrequenz höher und/oder die einzelnen eingesetzten Lieferfahrzeuge größer seien als bei dem Betrieb eines reinen Ladeneinzelhandels. Die Be- und Entladevorgänge könnten länger dauern aufgrund der größeren Warenmengen, zusätzlich fielen Ladevorgänge und Warenverkehr auch dadurch an, dass im Großhandel die Waren nicht nur angeliefert, sondern auch an den Kunden ausgeliefert würden. Die Lärmbelästigung d...

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