Leitsatz (amtlich)

Ein Betreuter, der über nicht unerhebliches verwertbares Vermögen verfügt, ist nicht deshalb als mittellos anzusehen, weil er auf den Einsatz des Vermögens für seinen laufenden Lebensunterhalt angewiesen ist und die Bezahlung von Aufwendungsersatz und Betreuervergütung aus seinem Vermögen zu dessen schnellerem Verbrauch und einem früher einsetzenden Bedarf im Sinne der sozialhilferechtlichen Vorschriften führt.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 4, §§ 1836a, 1836c Nr. 2, §§ 1836d, 1908i; BSHG § 88; SGB XII § 90

 

Tatbestand

Für die am Down-Syndrom leidende Betroffene ist seit vielen Jahren ein Betreuer bestellt. Nachdem eine Betreuung aus dem Kreis der Angehörigen nicht mehr möglich war, wurde der Beteiligte zu 1 als berufsmäßiger Betreuer bestellt. Mit Schreiben vom 10.1.2005 beantragte er wie bereits zuvor zweimal, seine Betreuervergütung und Auslagenersatz aus dem Vermögen der Betroffenen festzusetzen. Mit Schreiben vom 15.1.2005 änderte er seinen Antrag dahin, dass er die Vergütung i.H.v. 1.080 EUR und den Auslagenersatz i.H.v. 83,39 EUR nunmehr aus der Staatskasse beanspruchte. Das VormG wies die Anträge mit Beschl. v. 23.2.2005 zurück. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das LG am 20.4.2005 zurück und ließ gegen seine Entscheidung die sofortige weitere Beschwerde zu. Gegen den ohne Rechtsmittelbelehrung dem Beteiligten zu 1 am 29.4.2005 zugestellten Beschluss legte er mit am 3.5.2005 eingegangenem Schreiben vom 2.5.2005 sofortige weitere Beschwerde ein. Nach Hinweis des Senats auf die den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechende Form seines Rechtsmittels legte der Beteiligte zu 1 mit Anwaltsschreiben vom 30.5.2005 erneut sofortige weitere Beschwerde ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (§ 69e Abs. 1 S. 1, § 56g Abs. 5, § 29 Abs. 2 FGG). Das Rechtsmittel wurde zwar nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen (§ 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) formgerecht eingelegt, da der Schriftsatz des Beteiligten zu 1 vom 28.2.2005 nicht den gesetzlichen Formvorschriften entsprach (§ 29 Abs. 1 FGG). Dem Beteiligten zu 1 war jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, da er als juristischer Laie ohne entsprechende Rechtsmittelbelehrung keine Kenntnis von den gesetzlichen Anforderungen an Form und Frist der sofortigen weiteren Beschwerde haben musste und die formgemäße Rechtsmitteleinlegung fristgerecht nachgeholt hat (§ 29 Abs. 4, § 22 Abs. 2 FGG). Der Beteiligte zu 1 ist i.S.d. § 20 FGG im eigenen Namen beschwerdeberechtigt, da nicht nur die Vergütung bzw. Auslagenersatz aus der Staatskasse abgelehnt wurde, sondern eine Festsetzung insgesamt unterblieb.

2. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Der Beteiligte könne Aufwendungsersatz und Vergütung nicht gem. § 1908i, § 1835 Abs. 1, 4, § 1836a Abs. 1 BGB aus der Staatskasse beanspruchen, da die Betroffene nicht im Sinne dieser Vorschrift mittellos sei. Sie verfüge über ein Sparguthaben i.H.v. 168.000 EUR und über nicht selbst genutzten Grundbesitz, welcher verkauft werden solle und einen Erlös von 210.000 EUR erwarten lasse. Dieses Vermögen habe die Betroffene gem. § 1836c Nr. 2 BGB i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII einzusetzen, da weder ein Verschonungstatbestand nach § 90 Abs. 2 SGB XII vorliege noch die Härteklausel des § 90 Abs. 3 SGB XII eingreife.

Die Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII sei auf die Erstattung von Aufwendungsersatz und Betreuervergütung aus der Staatskasse anzuwenden, da es sich hierbei - wie sich aus § 1836c Nr. 1 BGB ergebe - um eine den Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII gleichzustellende Sozialleistung für den Betreuten handle. Der Einsatz des Vermögens auch für den Aufwendungsersatz- und Vergütungsanspruch des Betreuers erschwere weder eine angemessene Lebensführung noch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung der Betroffenen wesentlich.

Die Betroffene müsse ihr Vermögen für ihre monatlichen Unterhaltsaufwendungen einsetzen, da sie aufgrund ihres Vermögens gem. § 90 Abs. 1 SGB XII keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalte und über keine sonstigen Einkünfte zur Bedarfsdeckung verfüge. Auch später werde sie lediglich eine monatliche Rente i.H.v. 159 EUR beziehen. Im Hinblick auf den Umfang ihres Vermögens könne sie ihre bisherige Lebensführung sowie die auf ihrer Erkrankung beruhenden speziellen Bedürfnisse noch über längere Zeit sicherstellen. Zwar führe die Erfüllung der Ansprüche des Betreuers auf Aufwendungsersatz und Vergütung aus ihrem Vermögen zu einer schnelleren Aufzehrung dieses Vermögens. Dies stelle jedoch keine Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Das Vermögen der Betroffenen werde wahrscheinlich nicht ausreichen, um ihren Unterhaltsbedarf auf Lebenszeit sicherzustellen. D...

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