Leitsatz (amtlich)

Im Jahr 2001 fällig gewordene Wohngeldansprüche sind im Regelfall mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt. Die Kenntnis des Verwalters vom Bestehen des Anspruchs ist grundsätzlich der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen, es sei denn, der Wohngeldschuldner kann sich nach Treu und Glauben auf die Kenntnis des Vertretenen nicht berufen, weil der Verwalter mit ihm bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammengewirkt hat.

 

Normenkette

BGB § 166 Abs. 1, §§ 194-195, 199 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1, Art. 229 Abs. 4; WEG § 28

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 10.10.2006; Aktenzeichen 14 T 1389/06)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 275/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 10.10.2006 im Kostenausspruch (Ziff. 4) insgesamt und in Ziff. 2 insoweit aufgehoben, als die Antragsgegnerin zu 1 zur Zahlung von 24.217,23 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.4.2005 an die Antragstellerin verpflichtet wurde.

II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 24.217 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, macht gegen die Antragsgegnerin zu 1 (im Folgenden: Antragsgegnerin), die ihr Mitglied ist, Wohngeldansprüche geltend. Im Rechtsbeschwerdezug erheblich sind nur noch Forderungen, die das Wirtschaftsjahr 2001 betreffen.

Die Gemeinschaftsordnung (GO) schreibt in § 8 vor, dass zur Bestreitung der laufenden Bewirtschaftungskosten ein monatliches Wohngeld bis zum dritten Werktag eines jeden Monats zu zahlen ist, dessen Höhe von der Eigentümerversammlung nach Maßgabe des Wirtschaftsplans bestimmt wird.

Nach dem am 18.8.2001 bestandskräftig beschlossenen Wirtschaftsplan (ohne Fortgeltungsklausel) schuldete die Antragsgegnerin für das Jahr 2001 Wohngeldvorauszahlungen i.H.v. insgesamt 31.393,32 EUR (= 61.400 DM). In den folgenden Jahren wurden weder Wirtschaftspläne noch Jahresabrechnungen erstellt.

Gemäß Mahnbescheidsantrag vom 5.4.2005 hat die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ursprünglich Wohngeldrückstände für die Zeit vom 1.1.2004 bis 30.6.2005 i.H.v. 61.121,10 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragstellerin sodann gemäß Schriftsatz vom 2.11.2005 ihren Antrag hilfsweise auf offene Wohngeldforderungen aus dem Wirtschaftsjahr 2001 gestützt. Gegen Letztere hat die Antragsgegnerin die Verjährungseinrede erhoben.

Das AG hat mit Beschluss vom 23.1.2006 den Antrag abgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie nur noch Wohngeldansprüche aus dem Jahr 2001 weiter verfolgt. Mit Beschluss vom 10.10.2006 hat das LG die Entscheidung des AG teilweise abgeändert und die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin 24.217,23 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat vorläufigen Erfolg.

1. Die angefochtene Entscheidung ist wirksam, auch wenn die Unterschrift eines Mitglieds der Beschwerdekammer, das an der Beschlussfassung mitgewirkt hat, fehlt. Die eigenhändige Unterzeichnung durch sämtliche Mitglieder eines Kollegialgerichts ist zur Formwirksamkeit des Beschlusses nicht zwingend erforderlich (BayObLG ZWE 2001, 594; Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl., § 329 Rz. 36 m.w.N.).

2. Das LG hat ausgeführt:

Der Anspruch auf Wohngeldvorauszahlung sei überwiegend, nämlich i.H.v. 24.217,23 EUR, begründet. Auf die unstrittige Gesamtforderung von 31.393,32 EUR (= 61.400 DM) habe die Antragsgegnerin Teilleistungen am 11.12.2001 i.H.v. 7.176,09 EUR (= 14.035,21 DM) erbracht, so dass die Forderung insoweit erloschen sei. Weitere angebliche Anrechnungen auf die Wohngeldverpflichtung seien hingegen unwirksam.

Dem (Rest-)Zahlungsanspruch stehe nicht die Verjährungseinrede entgegen. Die Verjährung sei durch Zustellung des Mahnbescheids am 28.4.2005 rechtzeitig gehemmt worden. Es könne dahinstehen, ob sich der Lauf der Verjährung nach der alten oder nach der ab dem 1.1.2002 geltenden neuen Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) richte. In beiden Fällen wäre Verjährung erst mit Ablauf des 31.12.2005 eingetreten.

Nach altem Recht habe die Verjährungsfrist für Wohngeldansprüche vier Jahre betragen. Diese sei für die im Jahr 2001 entstandenen Wohngeldansprüche erst am 31.12.2005 abgelaufen.

Nach neuem Recht beginne die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die vor dem 1.1.2002 entstandenen Ansprüche, für die die Regelverjährung gelte, seien zum Jahreswechsel 2004/2005 verjährt, wenn die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsb...

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