Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsrecht bei sich selbst vertretendem Rechtsanwalt

 

Leitsatz (amtlich)

Vertritt ein Rechtsanwalt sich selbst, so kommt es für die Frage, ob die BRAGO oder das RVG anzuwenden ist, nicht auf einen Auftrag oder den inneren Entschluss des Anwalts an, sondern auf die Tätigkeit des Anwalts.

 

Normenkette

RVG § 61

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 25.02.2005; Aktenzeichen 10 O 4820/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 526 EUR.

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich dagegen, dass das RVG und nicht die BRAGO angewandt wurde. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, der sich im Verfahren selbst vertrat, erhob unter dem Datum vom 22.10.2003 Klage. Wie sich aus dem Stempel der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden in Augsburg (Stempeldatum 25.10.2004) und aus dem Datum des Gebührenstemplers des AG Nördlingen (22.10.2004) ergibt, datiert die Klage in Wahrheit vom 22.10.2004. Die Beklagte meint, dass der Kläger den unbedingten Prozessauftrag bereits vor dem 1.7.2004 erhalten habe, weshalb die BRAGO anzuwenden sei.

II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Vertritt sich ein Rechtsanwalt selbst, so kommt es abweichend von § 61 RVG nicht auf den Zeitpunkt des Auftrags an - ein Anwalt erteilt sich nicht selbst einen Auftrag. Es kommt auch nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem der Rechtsanwalt sich entschließt, sich in dieser Sache selbst zu vertreten, sondern auf den Zeitpunkt des ersten Tätigwerdens (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 60 Rz. 5; Meyer/Kroiss/Klees, RVG § 60 Rz. 11; Hansens/Braun/Schneider, Teil 19 Rz. 17). Diese Tätigkeit lag nach dem Stichtag, dem 1.7.2004. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die erste Tätigkeit des Rechtsanwalts über interne Überlegungen hinausgehend sich in einer konkreten Tätigkeit manifestiert oder ob darauf abzustellen ist, wann für einen Dritten nach außen die Tätigkeit des Anwalts erkennbar geworden ist. Auch wenn man auf Ersteres abstellt, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass eine konkrete prozessbezogene Tätigkeit des Rechtsanwalts vor dem 1.7.2004 erfolgt ist. Vielmehr spricht dagegen, dass die Klageschrift erst vom 22.10.2004 datiert.

2. Auch die Rüge, dass keine volle Verhandlungs- bzw. Terminsgebühr angefallen sei, greift nicht durch. Das Gericht hat ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren erlassen. Damit ist eine volle 1,2-Terminsgebühr gem. VV 3104 Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 entstanden.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1394048

FamRZ 2006, 355

AGS 2005, 342

RVG-B 2005, 129

RVGreport 2005, 301

KammerForum 2005, 271

NJOZ 2005, 4038

OLGR-Süd 2005, 636

RVG-Letter 2005, 87

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