Leitsatz (amtlich)

Der zukünftige Anteil am Gesamtgut einer Gütergemeinschaft kann während des Bestehens dieses Güterstandes nicht gepfändet werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1415-1416; ZPO §§ 740, 860

 

Verfahrensgang

AG Kaufbeuren (Beschluss vom 03.09.2012; Aktenzeichen Eisenberg Blatt 1012-29)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des AG Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 3.9.2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 27.883 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Anton und Karin D. sind im Grundbuch in Gütergemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Der Beteiligte hat gegen Anton D. ein Versäumnisurteil über eine Hauptforderung i.H.v. 22.464,70 EUR sowie einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 4.589,74 EUR jeweils nebst Zinsen erwirkt. Gegen Karin D. liegt kein Titel vor.

Unter dem 2.3.2012 hat der Beteiligte die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf dem Grundstück der Ehegatten beantragt. Auf einen Hinweis des Grundbuchamts hat der Beteiligte hilfsweise beantragt, die Zwangssicherungshypothek auf den bislang ungeteilten Miteigentumsanteil des Anton D. an dem Grundstück einzutragen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 3.9.2012 den Antrag zurückgewiesen. Ein Anteil des Schuldners am Gesamtgut der Gütergemeinschaft könne nach § 860 Abs. 1 ZPO nicht der Pfändung unterworfen werden.

Dagegen hat der Beteiligte unter dem 4.10.2012 Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde am 11.12.2012 nicht abgeholfen.

II. Statthaftes Rechtsmittel mit dem Ziel der Eintragung einer Sicherungshypothek ist nach allgemeiner Meinung die nach der Grundbuchordnung statthafte Beschwerde gem. § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO (Hügel/Kramer, GBO, 2. Aufl., § 71 Rz. 84). Diese ist auch im Übrigen zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

1. Die mit dem Hauptantrag beantragte Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO kommt bei Vorliegen eines Titels nur gegen einen der beiden in Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) lebenden Ehegatten allein dann in Betracht, wenn derjenige Ehegatte, gegen den sich der Titel richtet, das Gesamtgut allein verwaltet (§ 740 Abs. 1 ZPO) und dies dem Grundbuchamt gegenüber nachgewiesen ist (OLG München vom 18.10.2012, 34 Wx 320/12, zitiert nach juris; Hügel/Wilsch Stichwort Zwangssicherungshypothek Rz. 24; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rz. 2214). Anhaltspunkte oder gar ein Nachweis dafür, dass der Titelschuldner das Gesamtgut allein verwaltet, sind nicht ersichtlich.

Da sich im Übrigen der Vollstreckungstitel gem. § 740 Abs. 2 ZPO grundsätzlich gegen beide Ehegatten richten muss, wie sich aus § 1450 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 740 Rz. 3; Zöller/Stöber ZPO, 29. Aufl., § 740 Rz. 1), hier aber nur Titel gegen Anton D. erwirkt wurden, scheidet die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, wie im Hauptantrag begehrt, aus.

2. Damit ist die Bedingung für den Hilfsantrag auf Eintragung der Zwangshypothek an dem bislang ungeteilten Miteigentumsanteil von Anton D. eingetreten. Die Beschwerde erweist sich aber auch insofern als unbegründet.

Nach § 860 Abs. 1 ZPO kann der Anteil am Gesamtgut einer Gütergemeinschaft nach § 1416 BGB während des Bestehens dieses Güterstandes nicht gepfändet werden. Grund für die Regelung ist, dass Gläubiger nur eines Ehegatten die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut unter den unter 1. genannten Voraussetzungen betreiben können, solange die Gütergemeinschaft besteht. Ein Bedürfnis, nur einen Anteil zu pfänden, ist daher in der Regel nicht ersichtlich (vgl. HK-ZPO/Kemper 5. Aufl., § 860 Rz. 2). Nach § 860 Abs. 2 ZPO ist der Anteil an dem Gesamtgut dagegen nach Beendigung der Gemeinschaft pfändbar.

Zum Teil wird vertreten, dass auch vor Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft eine Pfändung des Anteils möglich sei (so etwa BayObLGZ 8, 142, BGH LM § 1497 BGB Nr. 1; verneinend OLG München JW 1926, 2470; Brehm in Stein/Jonas ZPO, 22. Aufl., § 860 Rz. 1; Zöller/Stöber § 860 Rz. 1). Eine Mindermeinung (vgl. Smid in MünchKom ZPO, 3. Aufl., § 860 Rz. 1) will aus der Rechtsprechung zur Pfändbarkeit bei fortgesetzter Gütergemeinschaft sogar schließen, dass auch bei bestehender Gütergemeinschaft schon künftige Ansprüche gepfändet werden können (ablehnend LG Frankenthal Rpfleger 1981, 241).

a) Die Frage, ob bei fortgesetzter Gütergemeinschaft eine Zwangsvollstreckung in den Anteil eines Ehegatten am Gesamtgut zulässig ist, kann offen bleiben, da zwischen Anton und Karin D. keine fortgesetzte Gütergemeinschaft besteht.

b) Der Ansicht, dass im Fall einer bestehenden Gütergemeinschaft schon eine Pfändung des künftigen Anteils eines Ehegatten am Gesamtgut möglich sei, folgt der Senat nicht. Über die Beendigung oder den Fortbestand der Gütergemeinschaft haben allein die Ehegatten zu entscheiden. Daher muss ein Eindringen fremder Personen in das Gemeinschaftsverhältnis verhindert werden. Der Gläubiger wird dadurch auch nicht benachteiligt, da er einen Titel gegen den weiteren Ehegat...

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