Leitsatz (amtlich)

Sind gegen Ehegatten, die in Gütergemeinschaft leben, zwei Vollstreckungstitel ergangen, aus denen in ein Gesamtgut vollstreckt werden soll, genügt im allgemeinen für die Feststellung der Einheitlichkeit des Schuldgrundes nicht, dass die Beträge der Hauptforderungen in den Titeln jeweils identisch sind.

 

Normenkette

BGB § 1357 Abs. 1, §§ 1415, 1450 Abs. 1; ZPO §§ 740, 866-867

 

Verfahrensgang

AG Traunstein - Grundbuchamt (Beschluss vom 24.07.2012; Aktenzeichen WB-897-38)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 24.7.2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.150 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Hans und Ruth K. sind im Grundbuch in Gütergemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Die Beteiligte betreibt Krankenhäuser und hat gegen Hans K. einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung wegen Krankenhauskosten (Pflege und Behandlung gemäß Rechnung vom 21.7.2010) von 5.367,90 EUR zzgl. Kosten, Nebenforderungen und Zinsen (Gesamtbetrag: 6.038,92 EUR) erwirkt. Gegen Ruth K. erging auf Antrag der Beteiligten ebenfalls ein Vollstreckungsbescheid über den Gesamtbetrag von 7.118,91 EUR, bestehend aus einer Hauptforderung, die als Schuld für "Ehegattenhaftung gemäß 1357 BGB gemäß Schreiben vom 19.1.2012" bezeichnet ist, i.H.v. 5.367,90 EUR nebst Kosten, Nebenforderungen und Zinsen.

Unter dem 16.5.2012 hat die Beteiligte die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf dem Grundstück der Ehegatten beantragt und beide Vollstreckungsbescheide vorgelegt.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 24.7.2012 den Antrag zurückgewiesen. Es lägen getrennte Titel gegen die Ehegatten vor, die deswegen zur Vollstreckung in das Gesamtgut nicht ausreichend seien, weil sie eine gemeinsame Haftung, nämlich denselben Schuldgrund der Verpflichtung, nicht ausweisen würden.

Dagegen hat die Beteiligte unter dem 3.8.2012 Beschwerde eingelegt. Aus dem Titel gegen die Ehefrau ergebe sich, dass der gleiche Schuldgrund vorliege.

Das AG hat der Beschwerde am 20.8.2012 nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO bei Vorliegen eines Titels nur gegen einen der beiden in Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) lebenden Ehegatten kommt zunächst in Betracht, wenn derjenige Ehegatte, gegen den sich der Titel richtet, das Gesamtgut allein verwaltet (§ 740 Abs. 1 ZPO) und dies dem Grundbuchamt gegenüber nachgewiesen ist (Hügel/Wilsch GBO 2. Aufl. Stichwort Zwangssicherungshypothek Rz. 24; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rz. 2214). Anhaltspunkte oder gar ein Nachweis dafür, dass einer der beteiligten Ehegatten das hier betroffene Grundstück allein verwaltet, sind nicht ersichtlich.

Im Übrigen muss sich der Vollstreckungstitel nach § 740 Abs. 2 ZPO grundsätzlich gegen beide Ehegatten richten, wie sich aus § 1450 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 740 Rz. 3; Zöller/Stöber ZPO, 29. Aufl., § 740 Rz. 1). Dabei muss die Forderung nicht zwingend in einer einzigen Urkunde tituliert sein; ausreichend ist vielmehr, dass gegen beide Ehegatten gesonderte Vollstreckungstitel ergangen sind, aus denen sich jeweils auch ergibt, dass der den Verpflichtungen zugrunde liegende Lebenssachverhalt derselbe ist (so auch OLG Zweibrücken, FGPrax 2009, 107). Die Feststellung, ob beide Ehegatten aus demselben Rechtsgeschäft verpflichtet sind, ist allerdings nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, sondern des erkennenden Gerichts. Daher muss sich die gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten für die Forderung und damit die Haftung ihres Gesamtgutes aus dem Titel selbst ergeben. Die vorgelegten Titel sind auch zu dieser Frage durch das Vollstreckungsorgan auszulegen (Zöller/Stöber § 704 Rz. 5).

Die beiden vorgelegten Vollstreckungsbescheide genügen den genannten Erfordernissen auch bei Auslegung nicht. Während in dem einen Vollstreckungsbescheid Krankenhauskosten und eine Rechnung vom 21.7.2010 als Haftungsgrund genannt sind, spricht der zweite Vollstreckungsbescheid von einer Ehegattenhaftung gem. § 1357 BGB gemäß Schreiben vom 19.1.2012. Auch wenn die jeweiligen Hauptforderungen dem Betrag nach identisch sind, ergibt sich aus den beiden Titeln nicht hinreichend sicher, dass die Bescheide jeweils wegen derselben klinischen Behandlung des Ehemannes und damit wegen eines identischen Schuldgrundes ergangen sind. Zwar spricht die Angabe "Ehegattenhaftung gem. § 1357 BGB" in dem Vollstreckungsbescheid gegen die Ehefrau dafür, dass auch der Ehemann für den entsprechenden Betrag haftet. Der Titel gegen die Ehefrau lässt allerdings nicht erkennen, dass er die mit Rechnung vom 21.7.2010 gegenüber dem Ehemann geltend gemachten Krankenhauskosten betrifft. Da Krankenhausbehandlungen im allgemeinen nach Gebührenordnungen abgerechnet werden, ist nicht ausgeschlossen, dass zwei gleiche Behand...

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