Leitsatz (amtlich)

1. § 25 Abs. 3 WEG kann dahin abgedungen werden, dass eine ordnungsgemäß einberufene Eigentümerversammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen und vertretenen Wohnungseigentümer beschlussfähig ist.

2. Sieht eine Gemeinschaftsordnung vor, dass eine Vollmacht schriftlich zu erteilen und zu den Akten des Verwalters zu übergeben ist, so kann diese Regelung dahin ausgelegt werden, dass die Übergabe der Vollmacht zu den Akten Voraussetzung für die Ausübung des Stimmrechts ist.

 

Normenkette

WEG § 25

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 11.07.2005; Aktenzeichen 31 T 3/05)

AG Schwandorf (Aktenzeichen UR II 24/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des LG Amberg vom 11.7.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerinnen tragen die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angeordnet.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerinnen und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Den Antragstellerinnen stehen zusammen 650/1000 Stimmanteile zu.

In § 15 der Gemeinschaftsordnung ist u.a. Folgendes geregelt:

3. Beschlussfähigkeit

Die ordnungsgemäß einberufene Eigentümerversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der teilnehmenden bzw. vertretenen WE beschlussfähig.

Jeder WE kann sich in der Eigentümerversammlung und bei der Abstimmung vertreten lassen. Die Vertretungsvollmacht ist schriftlich zu erteilen und zu den Akten des Verwalters zu übergeben.

Am 9.9.2004 fand eine Eigentümerversammlung statt. Als Vertreterin der Antragstellerinnen war Frau H. anwesend. Zwischen den Parteien ist umstritten, inwieweit diese auf der Versammlung eine Vollmacht vorgelegt hat und bereit gewesen ist, eine Kopie der Vollmacht zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls hat die Bevollmächtigte die Originalvollmacht nicht zu den Akten der Verwaltung gegeben. Die Vertreterin der Antragstellerinnen wurde deshalb nicht zur Abstimmung zugelassen.

Unter Punkt 3 der Tagesordnung wurde über die Aufhebung eines früheren Verwalterbestellungsbeschlusses und über die Neubestellung der weiteren Beteiligten zur Verwalterin beschlossen.

Die Antragstellerinnen haben beim AG beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären. Diesem Antrag hat das AG mit Beschl. v. 17.12.2004 stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG am 11.7.2005 die Entscheidung des AG abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt: Die Bevollmächtigte habe ihre Vollmacht nicht zu den Akten des Verwalters übergeben. Die Vertretung sei deshalb nicht wirksam nachgewiesen. Es bestehe ein Dokumentationsinteresse, um im Nachhinein feststellen zu können, ob ein bestimmter Vertreter bei einer Beschlussfassung anwesend bzw. ordnungsgemäß bevollmächtigt war. Die Versammlung sei auch beschlussfähig gewesen. Die Vorschrift des § 25 Abs. 3 WEG sei durch die Gemeinschaftsordnung wirksam abgedungen worden.

2. Die Entscheidung des LG hält i.E. der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Regelungen der Gemeinschaftsordnung sind vom Rechtsbeschwerdegericht selbst auszulegen. Dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (st. Rspr. vgl. z.B. BayObLG ZMR 2001, 832). Der Senat teilt i.E. die Auslegung durch das LG. Dass sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung und bei der Abstimmung vertreten lassen kann, ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§§ 164 ff. BGB). § 15 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1 der Gemeinschaftsordnung hat deshalb keinen eigenständigen Regelungsgehalt. Die Vertretungsbefugnis wird jedoch eingeschränkt durch § 15 Abs. 3 Unterabs. 2 S. 2. Eine solche Einschränkung ist durch Vereinbarung (Gemeinschaftsordnung) zulässig. Der Senat ist ebenso wie das LG der Auffassung, dass die Erfüllung dieser Regelung Voraussetzung dafür ist, dass ein Bevollmächtigter an der Versammlung teilnehmen und wirksam abstimmen kann. Wie das LG rechtsfehlerfrei und deshalb für den Senat bindend (§ 27 FGG, § 559 ZPO) festgestellt hat, wurde die Vollmacht nicht zu den Akten des Verwalters übergeben. Das wäre aber Voraussetzung dafür gewesen, dass von einer Abstimmungsvollmacht hätte Gebrauch gemacht werden können. Der Senat vermag nicht die Auffassung der Rechtsbeschwerde zu teilen, dass es sich dabei lediglich um eine Ordnungsvorschrift handle, die Beweiszwecken dient. Zwar ist die Übergabe zu den Akten der Verwaltung vor allem deshalb sinnvoll, weil damit auch im Nachhinein der Beweis für das Vorliegen einer Vollmacht geführt werden kann. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass eine Abstimmung auch dann vom Bevollmächtigten vorgenommen werden kann, w...

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