Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhaltliche Verknüpfung der Auflassung mit einer bedingten Regelung zur Vermögensauseinandersetzung. Auslegung einer Auflassung, mit der im Anschluss an die Darlegung der gewollten, aber von Bedingungen abhängig gemachten Vermögensaufteilung erklärt wird, über den "entsprechenden" Eigentumsübergang einig zu sein.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Auflassung kann nur eingetragen werden, wenn die Einigung über den Eigentumsübergang als Eintragungsvoraussetzung gemäß § 20 GBO nachgewiesen wird; hierfür genügt es, die Einigung in grundbuchmäßiger Form so nachzuweisen, wie sie sachlich-rechtlich zur Herbeiführung der Rechtsänderung notwendig ist.

2. Eine entgegen § 925 Abs. 2 BGB unter eine Bedingung gestellte Auflassung ist nicht nur materiell unwirksam, sondern auch formell für das Eintragungsverfahren ungeeignet.

3. Grundsätzlich ist im Zweifel davon auszugehen, dass die durch einen Notar beratenen Vertragsparteien nur ein gültiges Geschäft, also eine unbedingte Auflassung, erklären wollen und die Auflassung nicht in der Weise mit dem Grundgeschäft verknüpfen möchten, dass das dingliche Geschäft mit dem schuldrechtlichen stehen und fallen soll. Anderes kann gelten, wenn die Beteiligten die Erklärungen zur dinglichen Einigung mit der nur unter einer bestimmten Bedingung gewollten Auseinandersetzungsregelung verknüpft haben.

4. Kann mit den im Grundbuchverfahren zulässigen Mitteln ein zweifelsfreies und eindeutiges Auslegungsergebnis nicht erreicht werden, ist die vorgelegte Einigung nicht zum Vollzug geeignet.

 

Normenkette

BeurkG § 44a Abs. 2; BGB §§ 133, 157, 873 Abs. 1, § 925 Abs. 2; GBO §§ 15, 20, 71 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 3. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.120 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz, einer Landwirtschaftsfläche zu 0,0178 ha, eingetragen.

Am 18.12.2017 beantragte der Notar unter Bezugnahme auf § 15 GBO die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2. Hierzu legte er eine notarielle Scheidungsvereinbarung der Beteiligten vom 15.2.2000 im Auszug vor, enthaltend den Grundstücksbeschrieb sowie die hierzu unter Ziff. II 1. und 2. der Urkunde getroffenen Vereinbarungen. Diese lauten:

1. Frau ... (Beteiligte zu 1) veräußert hiermit ihr Eigentum an dem in § 1, Ziff. 3) der Urkunde näher bezeichneten ... (gegenständliches Grundstück) mit allen Rechten und gesetzlichen Bestandteilen sowie Zubehör an ihren Ehemann Herrn ... (Beteiligter zu 2) zum Alleineigentum, aufschiebend bedingt dadurch, daß der Grundbesitz in § 1 2. a) der Urkunde nicht innerhalb von 5 Jahren ab dem 01.04.2000 veräußert wurde.

Erfolgt bis zum 01.04.2005 eine Veräußerung, unterbleibt eine Veräußerung von ... (gegenständliches Grundstück).

Die Beteiligten sind über den entsprechenden Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch. Der Notar wird beauftragt, die Eigentumsumschreibung nur auf Antrag von Herrn ... (Beteiligter zu 2) zu beantragen und erst dann, wenn ihm nachgewiesen ist, daß bis zum 30.06.2005 an dem obigen Grundbesitz noch keine Auflassungsvormerkung für einen Erwerber eingetragen ist. Die Beteiligten verzichten auf ihr eigenes Antragsrecht. Auf die Eintragung einer Vormerkung wird verzichtet.

2. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgt mit Wirkung ab Eigentumsübergang. ... Das Grundbuchamt regte eine Antragsrücknahme an, weil die Einigung über den Eigentumsübergang unter eine unzulässige Bedingung gestellt sei. Dem widersprach der Notar. Dass eine bedingte Auflassung unwirksam sei, sei ihm bekannt. Die Unbedingtheit ergebe sich auch aus den vereinbarten Sicherungsmechanismen (Vorlageanweisung und Verzicht auf eigenes Antragsrecht), die bei einer bedingten Einigung überflüssig wären.

Mit Beschluss vom 3.1.2018 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die Einigung "über den entsprechenden Eigentumsübergang" beziehe sich auf die ihrem Wortlaut nach unter eine Bedingung gestellte Veräußerung, wobei der Begriff der Veräußerung nach üblichem juristischem Sprachgebrauch das dingliche Verfügungsgeschäft bezeichne. Eine Auslegung als unbedingte Einigung sei mit den daneben getroffenen Sicherungsabreden nicht zu begründen.

Gegen diese für fehlerhaft angesehene Auslegung richtet sich die notariell eingelegte Beschwerde, mit der ergänzend vorgetragen wird: Dass mit dem Begriff der Veräußerung das schuldrechtliche Geschäft bezeichnet sei, während das dingliche Vollzugsgeschäft als "Einigung über den Eigentumsübergang" kenntlich gemacht sei, ergebe sich aus der einheitlichen Sprachverwendung in der Urkunde. Wo aufschiebende Bedingungen gewollt seien, sei dies jeweils ausdrücklich formuliert worden.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Welches schuldrechtliche Geschäft mit der "Veräußerung" bezeichnet sein solle, sei nicht zu erkennen. Den in der...

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