Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 09.09.2015; Aktenzeichen 30 O 24258/14)

 

Tenor

1. Der Senat die Berufung gegen Urteil des LG München I vom 09.09.2015, Az. 30 O 24258/14, gemaß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimming der Auffassung die Berufung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssacheauchkeinegrundsätzliche Bedeutung zukommt und weder Fortbildung des Rechts noch die einheitlichen Rechtsprechung Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die OJrchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung.

 

Gründe

Die Prüfung der Berufung durch den Senat zeigt weder auf, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht, noch dass die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen würden (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Erstgericht hat mit zutreffender Begründung einen Schadensersatzanspruch der Klägerin abgelehnt und die Klage abgewiesen, weil es an einer Pflichtverletzung des beklagten Rechtsanwalts fehlt.

1. Belehrung der Klägerin im Hinblick auf Art. 303 SchKG

Wird neben dem deutschen Rechtsanwalt auch ein ausländischer Rechtsanwalt beauftragt, so liegen regelmäßig zwei verschiedene Auftragsverhältnisse mit voneinander getrennten Verantwortungsbereichen vor (Mankowski/Knöfel in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, H. Anwaltsvertrag, Rn. 6.732; Gregerin Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 18 Rn. 20; Gruber, MDR 1998, 1399, 1400). Durch die Beauftragung des ausländischen Rechtsanwalts wird klar (§§ 133, 157 BGB), dass der deutsche Anwalt die Anwendung ausländischen Rechts von seinem Mandat gerade ausschließen will (Jungk in Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, § 38 Rn. 68), und es entfällt die Verpflichtung, sich die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Kenntnisse ausländischen Rechts zu verschaffen (OLG Bamberg, Urt. v. 07.11.1988 - 4 U 119/88, MDR 1989, 542). In dieser Konstellation ist der deutsche Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet, ausländische Rechtsnormen zu berücksichtigen und den Auftraggeber diesbezüglich zu beraten und aufzuklären; diese Pflicht trifft ausschließlich den ausländischen Anwalt (Rinkler in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 1 Rn. 374). Der deutsche Anwalt darf sich darauf verlassen, dass der ausländische Rechtsanwalt das anzuwendende ausländische Recht kennt und beachtet (OLG Bamberg MDR 1989,542,543; vgl. BGH, Urt. v. 22.02.1972 - VI ZR 135/70, VersR 1972, 564 = WM 1972,567, Rn. 25 bei Juris).

Anhand der getroffenen Feststellungen besteht vorliegend kein Zweifel daran, dass zwischen der Klägerin und dem Schweizer Rechtsanwalt Leuch ein eigenes Mandatsverhältnis zustande gekommen ist. Nach den dargestellten Maßstäben musste der Beklagte daher keine Prüfung von Schweizer Rechtsvorschriften vornehmen, und insbesondere nicht darauf aufmerksam werden, dass die Klägerin nach Schweizer Recht (Art. 303 SchKG) ihre möglichen Ansprüche gegen den Verwaltungsrat Fässler verlieren würde, wenn sie, vertreten durch Rechtsanwalt Leuch, den von diesem vorgeschlagenen Nachlassvertrag ohne weitere Vorkehrungen abschließt. Diese Beurteilung und eine entsprechende Belehrung oblag als Frage des Schweizer Rechts allein Rechtsanwalt Leuch.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien - abweichend davon - es durch besondere Vereinbarung zum Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Anwaltsvertrags gemacht haben, dass trotz der Einschaltung eines Schweizer Rechtsanwalts als Spezialist für das Schweizer Recht dennoch der Beklagte Rechtsfragen des Schweizer Rechts prüfen und die Klägerin hierzu beraten sollte. Dem Wort "Betreuung" in der Vergütungsvereinbarung vom 01.02.2011 (Anl. K 1) kann dies nicht entnommen werden; der Begriff ist auch mit einer eher vermittelnden Funktion vereinbar, wie der Beklagte sie beschreibt, und besagt insbesondere nichts über Prüfungspflichten im Hinblick auf ausländisches Recht, für dessen Prüfung gerade ein ausländischer Rechtsanwalt hinzugezogen wird. Auch die Mandatierung des Beklagten durch die Klägerin in verschiedenen Angelegenheiten sagt zu dieser Frage nichts aus. Es ist nicht zu beanstanden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), dass das Erstgericht unter diesen Voraussetzungen vom Regelfall ausgegangen ist, dass - auf Grund der Einschaltung eines Schweizer Rechtsanwalts - eine Beratung zum Schweizer Recht im Anwaltsvertrag zwischen den Parteien nicht vereinbart war (vgl. auch Angaben des Beklagten im Termin vom 09.07.2015, Prot. Bl. 305/308 d.A., Seite 3 erster Absatz).

2. Überwachungspflicht

Zu einer inhaltlichen Kontrolle der Tätigkeit des ausländischen Rechtsanwalts im Sinn einer Auseinandersetzung mit der Anwendung ausländischen Rechts ist der deutsche Anwalt nicht verpflichtet, mit Ausnahme lediglich von Fehlern, die sich dem deutschen Rechtsanwalt in offensichtl...

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