rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsrecht. Überholen in einer Kurve als grobe Fahrlässigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Unfall, der sich beim Überholen in einer Kurve ereignet – bei überhöhter Geschwindigkeit und unter Mißachtung eines Überholverbots, beruht nicht mehr auf einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Verkehrssituation sondern auf grober Fahrlässigkeit.

 

Normenkette

VVG § 61

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 21.07.1998; Aktenzeichen 15 0 21/98)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 21.07.1998 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 15 O 21/98 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht der Klage auf Rückzahlung der geleisteten Kaskoentschädigung stattgegeben.

Die Klägerin kann von dem Beklagten die auf Grund des Unfallereignisses vom 13.06.1996 auf der B.straße, Gemarkung B., gezahlte Entschädigung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zurückverlangen.

Die Zahlung der Klägerin ist nämlich ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Klägerin ist leistungsfrei, weil der Beklagte den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, §§ 61 WG.

Grobe Fahrlässigkeit setzt in objektiver und subjektiver Hinsicht eine aus dem normalen Rahmen der Fahrlässigkeit herausfallende gröbliche Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Im Bereich des Straßenverkehrs liegt sie vor, wenn das Verhalten des Versicherungsnehmers objektiv grob verkehrswidrig und subjektiv schlechthin unentschuldbar ist (vgl. OLG Hamm, VersR 1996, 181; OLG Köln, r + s 1989, 174; VersR 1990, 390; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26 Aufl., § 12 AKB, Rn 68; Stiefel/Hofmann, AKB, 16. Aufl., § 12, Rn 90 ff, jeweils mit Einzelfällen). So liegt der Fall hier.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte in einer besonders gefährlichen Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit verbotswidrig überholt und dabei ein entgegenkommendes Fahrzeug gefährdet hat. Bei diesem Fahrmanöver hat der Beklagte sein Fahrzeug beim Wiedereinscheren nach rechts verrissen und ist nach rechts von der Fahrbahn abgekommen.

Dies ergibt sich aus dem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen T. und den Bekundungen der Zeugen Sch. und H.. Wie aus dem Gutachten des Sachverständigen und den von ihm gefertigten Farbfotos hervorgeht, befinden sich circa 250 m vor der vom Beklagten durchfahrenen Rechtskurve je rechts und links der Fahrbahn ein Schildermast mit den drei Hinweisschildern: Oben: Rechtskurvenverlauf angezeigt; mittig: „besonders gefährliche Kurve” und unten: 70 km/h – Begrenzung. Bei weiterer Annäherung an die Kurve, circa 150 m vor dem Kurvenbeginn, steht jeweils rechts und links der Fahrbahn ein Hinweisschild mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h. Etwa 50 m vor der Kurve beginnt die durchgezogenen Mittellinie, die im weiteren Verlauf auf der linken Fahrbahnseite aus Sicht des Beklagten von einer parallellaufenden unterbrochenen Mittellinie begleitet ist.

Wie der Gutachter nach sorgfältiger Analyse des Unfallgeschehens ausgeführt hat, ist der Audi – PkW des Beklagten auf Grund des Fahrfehlers, Überreißen der Lenkung bei hoher Geschwindigkeit im Zusammenhang mit einer Rechtslenkung, instabil geworden. Die Ausgangsgeschwindigkeit bei Einleitung des instabilen Fahrzustands könne bei 70 km/h bis 90 km/h eingegrenzt werden. Ein Frontalzusammenstoß mit dem Wagen des Zeugen F. ist nach dem Gutachten nur durch spontanes Überreißen der Lenkung nach rechts vermieden worden. Zur Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Beklagten hat der Zeuge Sch. in Übereinstimmung damit bekundet, dass der Beklagte „unvermindert mit deutlich höherer als der erlaubten Höchstgeschwindigkeit” gefahren sei.

Aus dem Sachverständigengutachten und den Aussagen der Zeugen H. und Sch. ist darüber hinaus zu entnehmen, dass der Beklagte nicht nur mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, sondern auch verbotswidrig überholt hat. Der Zeuge H. konnte sich noch gut daran erinnern, dass sich die Stelle, an der der Beklagte mit seinem PKW wieder nach rechts eingeschert ist, dort befindet, wo auf dem Farbfoto (Bl. 181 oben) der zweite Strich links von der durchgezogenen Linien sei. Dies hat der Zeuge Sch. im Wesentlichen bestätigt. Er hat ausgesagt, dass das, was er unter dem frischen Eindruck des Geschehens unter dem Datum des 02.07.1996 im Fragebogen gegenüber der Ordnungsbehörde (Bl. 13 der Beiakte (Kreisverwaltung A. …) angegeben habe, alles richtig gewesen sei. Dort hat er erklärt, der Beklagte habe „kurz vor der Rechtskurve” mit relativ hoher Geschwindigkeit zum Überholen angesetzt. „In der Kurve” sei er etwa auf gleicher Höhe mit seinem...

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