Entscheidungsstichwort (Thema)

Telefonanruf durch Meinungsforschungsinstitut

 

Leitsatz (amtlich)

Lässt ein Unternehmer einen Kunden, der ihm zuvor als Geschäftsmann einen Dienstleistungsauftrag erteilt hatte (hier: Auswechslung einer Windschutzscheibe), nach Durchführung des Auftrages durch ein Meinungsforschungsinstitut anrufen und nach seiner Zufriedenheit befragen, ist dies als gem. § 7 Abs. 1 UWG unzumutbare Belästigung unzulässig, wenn nicht eine zumindest mutmaßliche Einwilligung des Kunde vorliegt.

 

Normenkette

UWG § 7 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 24.08.2011; Aktenzeichen 84 O 52/11)

 

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.8.2011 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 52/11 - wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3.) Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruches durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung des Zahlungs- und des Kostenerstattungsanspruches kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A Wegen des Sachverhaltes wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Danach nimmt der Kläger, ein hierfür hinreichend aktivlegitimierter Verband i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, die Beklagte gem. § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG wegen unzumutbarer Belästigung durch einen Telefonanruf auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.

Die Beklagte betätigt sich auf dem Gebiet der Reparatur und des Austausches von Kfz-Glasscheiben. Sie gehört zum C. T.-Konzern mit Sitz in Luxemburg. Wie auch weitere Gesellschaften jenes weltweit tätigen Konzerns lässt sie von der in London ansässigen Marktforschungsgesellschaft GfK NOP Ltd., einem Tochterunternehmen der GfK in Nürnberg, Kunden anrufen und befragen, um deren Akzeptanz und Bewertung ihrer Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum zu ermitteln. Wegen des Wortlauts der dabei gestellten standardisierten Fragen wird auf die Anlage B 2 zur Klageerwiderung (AH Bl. 7) verwiesen.

Anfang September 2009 ließ der Rechtsanwalt und Notar Dr. N. in Hannover bei der Beklagten einen Steinschlagschaden in der Frontscheibe seines - zumindest auch - geschäftlich genutzten Pkw beseitigen. Bei der telefonischen Vereinbarung des Termins für diese Reparatur teilte er der Beklagten seine Handynummer mit, nachdem diese ihn danach "für den Fall der Fälle" gefragt hatte. Nachdem der Auftrag durchgeführt worden war, erhielt der Kunde am 8.9.2009 auf seinem Handy einen Anruf der britischen Marktforschungsgesellschaft in London, mit der diese im Rahmen der beschriebenen Umfrage seine Zufriedenheit mit der Geschäftsabwicklung erfragen wollte. Ein Einverständnis für einen derartigen Anruf hatte der Kunde nicht erklärt.

Das LG hat die Beklagte auf den Hauptantrag des Klägers unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,

Unternehmer, an deren Kraftfahrzeug sie die Reparatur einer Scheibe durchgeführt hat, im Anschluss an die Abwicklung dieses Auftrags auf Handy aus O. anzurufen und/oder anrufen zu lassen, um nach ihrer Zufriedenheit mit der Geschäftsabwicklung zu fragen, wenn der betreffende Unternehmer kein Einverständnis mit einem solchen Anruf erklärt und ihr seine Handynummer nur überlassen hatte, weil sie ihn bei der telefonischen Vereinbarung eines Reparaturtermins "für den Fall der Fälle" hierum gebeten hatte.

und an den Kläger 208.65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2011 zu zahlen.

Zur Begründung ihrer Berufung gegen dieses Urteil, mit der sie weiter die Abweisung der Klage begehrt, trägt die Beklagte erstmals vor, tatsächlich habe der Kunde bei der Auftragserteilung als Privatmann gehandelt. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach ein Verstoß gegen § 7 UWG nicht gegeben sei, weil weder eine geschäftliche Handlung noch eine Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG vorliege. Es handele sich bei der telefonischen Befragung um einen Handeln zu Forschungszwecken, das zumindest von Art. 5 Abs. 3 GG gedeckt sei. Zudem stehe die Verurteilung mit europarechtlichen Bestimmungen nicht im Einklang.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet, dass der Kunde Dr. N. den Auftrag als Privatmann erteilt habe.

B Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

I. Der dem Kläger zuerkannte Unterlassungsanspruch ist aus §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG begründet.

1.) Der in Rede stehende Anruf bei dem Kunden Dr. N. stellt eine in § 7 Abs. 1 S. 1...

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