Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 192/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das angefochtenen Urteil des Landgerichts Bonn vom 13.06.2018 (9 O 192/17) aufgehoben und die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz für Schäden zu bezahlen, die aus der Manipulation des Fahrzeuges Audi A4, FIN A durch die Beklagte zu 2) (Einbau einer Software, die dafür sorgt, dass hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb ein geringerer Ausstoß aufgewiesen wird als im regulären Betrieb im Straßenverkehr) resultieren.

Zudem wird die Beklagte zu 2) verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger und die Beklagte zu 2) jeweils zu 1/2 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat diese selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Fahrzeugkauf im Zusammenhang mit dem sogenannten "VW-Abgasskandal".

Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1) nach Rücktritt von einem Kaufvertrag über einen Audi A4 Avant 2.0 TDI im Wesentlichen die Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW und Zug-um-Zug gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Von der Beklagten zu 2) begehrt der Kläger wegen deliktischer Produktmanipulation die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz für solche Schäden, die ihm durch die Manipulation des Fahrzeugs seitens der Beklagten zu 2) entstanden seien.

Der Kläger erwarb im Autohaus der Beklagten zu 1) nach Bestellung vom 04.10.2014 (Anlage K 1) einen gebrauchten Audi A4 Avant 2.0 TDI Kombi (FIN: A; Erstzulassung: 12.07.2013; km-Stand 24500) zu einem Kaufpreis von 21.975,00 EUR. Das Fahrzeug wurde am 10.10.2014 an den Kläger übergeben. Die Beklagte zu 1) ist Vertragshändlerin des PKW-Herstellers Audi, der dem VW-Konzern angehört. Die Beklagte zu 2) ist die Herstellerin des Motors, den die Audi AG, eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2), in das Fahrzeug eingebaut hat.

Bei diesem Motor handelt es sich um einen Dieselmotor des Typs EA 189. Dieser wurde von der Beklagten zu 2) entwickelt und mit einer Software ausgestattet, die erkennt, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem Rollenprüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte und -klasse befindet, der sich durch ein "unnatürliches Fahrverhalten" mit einer hohen Raddrehzahl ohne eine Bewegung des Fahrzeugs kennzeichnet, oder im üblichen Straßenverkehr. Auf dem Prüfstand spielt die Software ein anderes Motorprogramm als im Normalbetrieb ab, durch das geringere Stickstoffoxidwerte erzielt werden. Dies offenbarte sich - allgemein - im Herbst 2015.

Zum Zeitpunkt der Erstzulassung wurde das Fahrzeug in die damals einzuhaltende EURO 5-Norm eingestuft.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) verpflichtete die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 15.10.2015, bei allen vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen sowie den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen vorschriftsgemäß erfüllt werden (Mitteilung des KBA, Anlage K 5). Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgte nach einem mit dem KBA abgestimmten Maßnahmen- und Zeitplan. Das KBA akzeptierte die von der Beklagten zu 2) vorgeschlagenen Lösungen.

Sodann wurden für die verschiedenen Fahrzeug- und Motortypen Updates konzipiert, die vor ihrer Verwendung jeweils der Genehmigung der zuständigen Behörde bedürfen. Im Falle des Fahrzeugs des Klägers ist dies das KBA.

Mit Schreiben vom 08.09.2016 (Anlage K 2) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und setzte eine Frist zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bis zum 22.09.2016. Hilfsweise erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag unter Fristsetzung zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bis zum 22.09.2016. Weiter teilte der Kläger mit, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug ab sofort nach Terminabsprache zur Verfügung stelle. Hierauf erklärte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 13.09.2016 (Anlage K 3), dass Fahrzeuge mit den Dieselmotoren des Typs EA 189 nach Abstimmung mit dem KBA für den Kunden kostenfrei eine technische Lösung erhalten würden. Der aktuelle Zeitplan sehe vor, dass die ersten Fahrzeuge seit Januar 2016 auf den erford...

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