Leitsatz (amtlich)

1. Der Bauunternehmer muss durch Hinweise an den Auftraggeber Gefahren vorbeugen, die sich daraus ergeben können, dass der Wegfall einer ihm ursprünglich übertragenen, später aber entzogenen für den Bauerfolg gewichtigen Bauleistung beim Auftraggeber und seinen Architekten in Vergessenheit geraten ist oder dass die daraus erwachsenden Gefahren von ihnen nicht erkannt oder nicht bedacht worden sind.

2. Über besonders gewichtige und schadensträchtige Abläufe bei der Errichtung eines Großbauprojekts sind alle Baubeteiligten eindringlich zu unterrichten. Insoweit sind Koordination und Kommunikation durch klare planerische Vorgaben zum Bauablauf so weit wie möglich sicherzustellen. Bringt eine Verschiebung von Teilen eines Bauloses erhebliche Gefahren und Risiken für das Gesamtgelingen des Bauwerks mit sich (hier: Aufschwimmen des Baukörpers durch Hochwasser), müssen der (sachkundige) Auftraggeber und die von ihm mit der Planung bzw. Bauüberwachung betrauten Architekten dem durch wirksame und nachhaltige Maßnahmen in einer nach Möglichkeit jedes Risiko ausschließenden Weise vorbeugen.

3. Bleibt aufgrund unzureichender planerischer Vorgaben zum Bauablauf das Fehlen eines für den Hochwasserschutz besonders gewichtigen Bauteils fast ein Jahr lang unbemerkt und kommt es deshalb zu erheblichen Hochwasserschäden, kommt gegenüber der Inanspruchnahme des verantwortlichen Bauunternehmers und der die Bauaufsicht führenden Architekten eine hälftige Mithaftung des Auftraggebers in Betracht.

 

Normenkette

BGB § 254; VOB/B § 13 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 376/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) bis 6) und zu 9) wird das am 14.3.2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn – 1 O 376/97 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:.

1. Der Klageanspruch gem. den Klageanträgen zu 1) bis 3) und 7a) ist gegen die Beklagten zu 1) und 2) und gem. dem Klageantrag zu 7b) gegen die Beklagte zu 1) hinsichtlich der durch das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q entstandenen Schäden aus § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B und aus § 823 Abs. 1 BGB und gegen die Beklagte zu 9) als deren Bürgin dem Grunde nach zur Hälfte gerechtfertigt. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich der genannten Anträge abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 9) als deren Bürgin verpflichtet sind, der Klägerin alle nach § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B und § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähigen weiteren Schäden zur Hälfte zu ersetzen, die ihr aus der auf dem Hochwasserereignis vom Dezember 1993 durch das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q beruhenden Beschädigungen der Neubauten für den Deutschen Bundestag an der Kurt-Schumacher-Straße in Bonn entstanden sind und künftig entstehen werden, darunter den über 12.000.000 DM hinausgehenden merkantilen und technischen Minderwert. Im Übrigen wird der Feststellungsantrag abgewiesen.

Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte zu 9) verpflichtet ist, der Klägerin die in diesem Rechtsstreit einschließlich des selbstständigen Beweisverfahrens (LG Bonn 1 OH 2/94, 4/94) entstehenden Kosten ihrer Rechtsverfolgung gegen die Beklagten zu 1) und 2) zu erstatten, soweit die Beklagten zu 1) und 2) diese Kosten der Klägerin zu ersetzen haben. Die Teilklageabweisung des Feststellungsantrags zu 11) durch das angefochtene Urteil ist gegenstandslos.

2. Der Klageanspruch gem. Klageanträgen 4), 5) und 7c) gegen die Beklagten zu 3) bis 6) ist dem Grunde nach zur Hälfte gerechtfertigt. Die insoweit weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagen zu 3) bis 6) neben den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zur Hälfte einen letztrangigen Teilbetrag i.H.v. 8,74524 % aller weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr aus der auf dem Hochwasserereignis vom Dezember 1993 durch das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q beruhenden Beschädigung der Neubauten für den Deutschen Bundestag an der Kurt-Schumacher-Straße in Bonn entstanden sind und künftig entstehen werden. Im Übrigen wird der Feststellungsantrag abgewiesen.

Die weiter gehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

II. Die im Berufungsverfahren entstandenen Kosten werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin 60 % und die Beklagten zu 1), 2) und 9) als Gesamtschuldner 40 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1), 2) und 9) als Gesamtschuldner zu 40 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 2) und 9) trägt die Klägerin zu 60 %.

Die Beklagten zu 3) bis 6) haften hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin gesamtschuldnerisch mit den Beklagten zu 1), 2) und 9) zu 4 %. Die Klägerin hat den Beklagten zu 3) bis 6) 60 % ihrer im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten des B...

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