Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 17.09.2008; Aktenzeichen 28 O 368/08)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 17.9.2008 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 368/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die gegen dieses Urteil gerichtete, zulässige Berufung der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit (§§ 935, 940 ZPO) wird in Urheberrechtssachen nicht vermutet, ergibt sich hier aber daraus, dass der Antragsteller den Verfügungsantrag schon etwa zwei Wochen nach erstmaliger Kenntnis von den angegriffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Antragsgegnerin bei Gericht anbrachte.

2. Die für das Bestehen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr (§ 97 Abs. 1 S. 1 UrhG) wird durch die einmal begangene Rechtsverletzung indiziert, zumal wenn diese weiter verteidigt wird; eine Änderung des Verhaltens - hier der verwendeten AGB durch die Antragsgegnerin - reicht nicht aus, solange keine ernsthafte, strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben ist (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Abs. 41 f. m.w.N.).

3. Eine den Unterlassungsanspruch auslösende Urheberrechtsverletzung liegt vor, denn indem die Antragsgegnerin - was unstreitig ist - die AGB der T. Wellness GmbH bis auf Firma und Adresse identisch übernahm, verletzte sie das ausschließliche Verwertungsrecht des Antragstellers als des Urhebers dieser AGB (§§ 2, 7, 15 ff. UrhG).

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen können als (wissenschaftliches Gebrauchs-) Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) eine persönliche geistige Schöpfung darstellen und damit urheberrechtsfähig sein (§ 2 Abs. 2 UrhG), wenn sie sich wegen ihres gedanklichen Konzepts oder ihrer sprachlichen Fassung von gebräuchlichen juristischen Standardformulierungen abheben, wobei knappe und zutreffende rechtliche Formulierungen, die durch Rechtslage und sachliche Regelungsanforderungen geprägt sind, freilich nicht monopolisiert werden dürfen (Senat, Beschl. v. 7.8.2006 - 6 W 92/06, LG München I, GRUR 1991, 50; Schricker/Loewenheim, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rz. 90; Dreier/Schulze, a.a.O., § 2 Rz. 93; Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rz. 59). Ausgehend von diesen Grundsätzen (vgl. für andere Gebrauchssprachwerke auch BGHZ 116, 136 - Leitsätze; BGH GRUR 2002, 958 - Technische Lieferbedingungen) ist es Tatfrage, ob ein Klauselwerk insgesamt hinreichend individuell konzipiert und formuliert ist. Mit der von der Berufung angeführten (Kosten-) Entscheidung (LG Stuttgart, ZUM-RD 2008, 501; OLG Stuttgart, BeckRS 2008, 11966), wo es um einen nicht näher bekannten sechsseitigen Dienstleistungsvertrag für die Vermittlung von Seniorenpflegekräften ging, hatte sich der Senat nicht zu befassen.

Zutreffend hat das LG hier angenommen, dass sich die streitbefangenen AGB insgesamt wegen der Art ihrer Gedankenführung und einzelner um Verständlichkeit bemühter Formulierungen vom allgemein Üblichen - wenn auch nur geringfügig - abheben und damit trotz geringen Schutzumfangs jedenfalls gegen praktisch identische Übernahmen geschützt sind, wie sie die Antragsgegnerin vorgenommen hat. Die von der Berufung vorgelegte Kopie aus dem Münchener Vertragshandbuch macht deutlich, welche anderen Formulierungen schon bei der im angefochtenen Urteil angeführten Klausel Nr. 9 möglich gewesen wären, so dass die Antragsgegnerin keineswegs gezwungen war, die gesamten AGB im Verhältnis 1:1 zu übernehmen. Die Klausel Nr. 6 hat das LG ebenfalls zu Recht als spezifische, an Interessen des Auftraggebers und eigenständigem Sprachgebrauch orientierte Formulierung angesehen. Sogar bei der Widerrufsbelehrung zu Nr. 7 finden sich im Detail von dem Vorschlag des Verordnungsgebers (Anlage 2 zu § 2 BGB-InfoV) abweichende individuelle Passagen.

b) Spricht mithin der Inhalt der AGB für eine insgesamt bereits hinreichende Individualität, so hätte die Antragsgegnerin - wie vom LG zu Recht angenommen - dartun müssen, dass diese AGB keine eigene Schöpfung des Antragstellers, sondern ihrerseits aus fremden oder allgemein zugänglichen Quellen übernommen sind. Dass die Berufung den nach der Widerspruchsverhandlung erfolgten erstinstanzlichen Vortrag des Antragstellers zur Entstehung des Klauselwerks schlicht bestreitet, kann in diese Richtung um so weniger genügen, als seine Urheberschaft durch Vorlage einer Kopie der an seine Mandantin gerichteten Kostennote und durch seine anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht ist, was ein geeignetes Glaubhaftmachungsmittel darstellt (OLG Köln GRUR 1986, 196 = WRP 1986, 170; Zöller/Geimer/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 294 Rz. 5).

Als unerheblich erweist sich, dass die Berufung - ohne im Verfügungsverfahren mit diesem Vorbringen nach § 531 ZPO ausgeschlossen zu sein - mehrere im Internet veröffentlichte gleichlautende Klauselwerke vorgelegt hat...

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