Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 15 O 711/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. August 1998 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 15 O 711/97 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger ist zulässig und hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären war.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts entgegen der Auffassung des Landgerichts im angefochtenen Urteil aus § 32 ZPO. Die Klägerin hat schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 124, 241 = NJW 1994, 1413). Der Wohnsitz der Klägerin ist als Begehungsort anzusehen. Begehungsort ist dabei sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort), als auch der Ort, an dem von ihm in das geschützte Rechtsgut eingegriffen worden ist (Erfolgsort). Der Ort des Schadenseintritts ist als solcher zwar grundsätzlich ohne Belang. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört, wie etwa bei § 823 Abs. 1 u. 2 BGB. Nach dem Vorbringen der Klägerin sind hier verschiedene Tatbestandsmerkmale einer unerlaubten Handlung im Bezirk des Landgerichts Köln erfüllt worden, nämlich das der Täuschungshandlung durch unrichtige Prospektangaben, das der Irrtumserregung und das des Schadenseintritts. Die Voraussetzungen für den besonderen Gerichtsstand des § 32 ZPO liegen damit vor.

Das angerufene Gericht ist damit allerdings entgegen der Auffassung der Klägerin auf die Prüfung der deliktischen Ansprüche beschränkt. Die Zuständigkeit für die deliktischen Ansprüche zieht nicht – kraft Sachzusammenhangs – die Zuständigkeit auch für die nichtdeliktischen Ansprüche nach sich. Treffen mehrere materielle Anspruchsgrundlagen zusammen, so ist nach der bisher überwiegenden Auffassung das in einem besonderen Gerichtsstand angegangene Gericht nur für den Klagegrund zuständig, für den die Zuständigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, nicht aber auch für konkurrierende Anspruchsgrundlagen. Insoweit steht dem angerufenen Gericht keine Prüfungsbefugnis zu, da die Zivilprozessordnung keinen allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs kennt (vgl. BGHZ 98, 362, 366 = NJW 1987, 442; BGH NJW 1974, 410, 411; BGH NJW 1996, 1411, 1413). Weil dies zu einer Aufspaltung des Streitgegenstandes und der Zuständigkeiten führen kann, wird demgegenüber von einem Teil der Lehre aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit die Anerkennung eines allgemeinen Gerichtsstandes des Sachzusammenhanges für sämtliche konkurrierenden Anspruchsgrundlagen befürwortet. Sie stützt sich dabei insbesondere auf die zum 1. Januar 1991 erfolgte Änderung des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG, der nunmehr im Bereich der Rechtswegzuständigkeit vorsieht, dass das Gericht, zu dem der Rechtsweg wegen eines Klagegrundes in zulässiger Weise beschritten wurde, den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat. Was im Verhältnis der verschiedenen Gerichtszweige gelte, solle danach erst recht für die sachliche und örtliche Zuständigkeit zwischen Gerichten desselben Gerichtszweiges im Zivilprozess gelten, sodass sie das Verfahren – auch soweit es verschiedene Anspruchsgrundlagen betreffe – bei einem zuständigen Gericht konzentrieren könne und Mehrfachentscheidungen vermieden würden (MünchKomm-ZPO-Lüke, § 261 Rdn. 59; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 12 Rdn. 21, § 32 Rdn. 20; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl. 1994, § 36 VI 2; Schwab, Festschrift für Zeuner, 1994, S. 499, 509; Schilken, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Rdn. 319; bereits früher Baur, Festschrift für Hippel, 1967, S. 1, 20; aus der Rechtsprechung: BayOblG NJW-RR 1996, 508; OLG Köln OLGR 1999, 143, 144).

Diese Auffassung würde aber dazu führen, dass sich der jeweilige Kläger einen für ihn günstigen Gerichtsstand für die nichtdeliktischen Anspruchsgrundlagen verschaffen könnte, auch wenn die schlüssig vorgetragenen Tatsachen für die unerlaubte Handlung nicht zu beweisen sind (vgl. BGH NJW 1996, 1411, 1413). Dies würde zu einer nicht gerechtfertigten Ausdehnung des deliktischen Gerichtsstandes und zu einer Bevorzugung des jeweiligen Klägers führen (vgl. Würthwein, ZZP 106, (1993), S. 51, 76). Das Klägerinteresse wird andererseits durch die Ablehnung einer Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nicht entscheidend tangiert. Will der jeweilige Kläger nicht 2 Prozesse führen, bleibt es ihm unbenommen, die beklagte Partei aus allen rechtlichen Gesichtspunkten an ihrem Wohnsitzge...

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