Leitsatz (amtlich)

Zur Produkthaftung eines Unternehmens (als Hersteller oder Importeur), das Tankstellen mit sog. Convenience-Produkten beliefert, für Schäden durch eine in einem Sandwich eingebackene Schraubenmutter.

 

Normenkette

ProdHaftG §§ 1, 3-4

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 07.08.2001; Aktenzeichen 10 O 145/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.8.2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen – 10 O 145/01 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Gerichtskosten werden für das Berufungsverfahren nicht erhoben.

Ansonsten bleibt die Entscheidung über die Kosten – auch über die des Berufungsverfahrens – dem LG vorbehalten.

 

Tatbestand

Die am …… 1972 geborene Klägerin macht ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, das sie selbst vorläufig mit 30.000 DM bewertet, einen materiellen Schadensersatz i.H.v. 1.846 DM, jeweils nebst Zinsen, und die Feststellung bzgl. der Haftung der Beklagten für ihren zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus einem Vorfall vom 21.8.2000 geltend. An diesem Tag hatte die als Aushilfe in der Esso-Station L. in A. arbeitende Klägerin gegen 20:00 Uhr dort ein Sandwich gekauft, das von der Beklagten, einer der größten Lieferantinnen für sog. „Convenience Produkte” für Tankstellen geliefert worden war. Beim Verzehr biss die Klägerin auf eine im Toast eingebackene 6 mm Schraubenmutter aus Metall. Hierdurch wurden insgesamt 5 Zähne ihres Gebisses stark bis sehr stark beschädigt. Neben starken Kopf- und Kieferschmerzen sowie einer Migräne, die über Monate mit Schmerzmitteln behandelt werden mussten, erlitt die Klägerin weiter einen Rückfall hinsichtlich der zuvor bereits überwundenen Essstörungen (Magersucht). Nach dem fachpsychologischen Attest des Dr. S.-G. vom 8.5.2002 war die Klägerin aufgrund der notwendig gewordenen mehrfachen Zahnamputationen und fortgesetzten Zahnbehandlungen sowie der damit verbundenen medikamentösen und psychischen Folgen – aufgrund der eingeschränkten Essfähigkeit bestanden Ängste, wieder in das Magersüchtigkeitsverhalten zurückzufallen – auch bei ihrem Studium in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Hinsichtlich des weiteren unstreitigen Sachverhaltes und des Parteivorbringens in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 7.8.2001 (LG Aachen, Urt. v. 7.8.2001 – 10 O 145/01) abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 BGB ausscheide, da sie als Importeur des Sandwichs ohne besonderen Anlass, der nicht gegeben gewesen sei, keine Untersuchungspflicht hinsichtlich der importierten Ware treffe. Eine Haftung nach § 1 Produkthaftungsgesetz, die sich ohnehin nur auf materielle Ansprüche erstrecken könnte, sei nicht gegeben, da die Beklagte nicht Herstellerin i.S.v. § 4 Produkthaftungsgesetz sei. Hierbei ist das LG entspr. dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 7.5.2001 (Bl. 54 ff. GA) davon ausgegangen, dass diese das Sandwich ihrerseits bei der Streitverkündeten, der Firma K. B. V. in L./Niederlande, bezogen habe, die die Sandwichs produziert, in Schalen verpackt und eingeschweißt habe.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Anträge mit der Berufung weiter und wiederholt ihr Bestreiten aus dem Schriftsatz vom 9.7.2001 (Bl. 67 f./69 f. GA) hinsichtlich der Herstellung des Sandwichs durch die Fa. K.B.V. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, dass sich die Beklagte nicht einfach durch die Benennung eines ausländischen Dritten als angeblicher Hersteller ihrer Haftung entziehen könne. Zudem stelle die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 31.8.2000, wo sie bedauert habe, dass sie, die Klägerin, einen Schaden erlitten habe, „der offenbar durch ein Produkt unseres Hauses” entstanden sei, ein Anerkenntnis dar, durch das jedenfalls nunmehr solche Einwendungen, die zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannt waren – insb. die Frage der Herstellereigenschaft – abgeschnitten seien. Weiter müsse auch von einem Verschulden der Beklagten ausgegangen werden. Im Bereich der Lebensmittelproduktion und des Lebensmittelvertriebs würden besonders hohe Sorgfaltsanforderungen gelten und Untersuchungspflichten von Anfang an bestehen. Wer sich hier eines Dritten bediene, um Produkte herstellen zu lassen, habe sich von Anfang an darüber zu informieren, wie bei diesem die Sicherheits- und Schutzmaßnahmen beschaffen seien, bevor er überhaupt einen Auftrag erteile. Es müsse ausgeschlossen sein, dass sich gefährliche Fremdkörper in den Produktionsvorgang einschleichen könnten. Die Schraubenmutter im Sandwich indiziere vorliegend ein Verschulden der Beklagten bei der Auswahl und Überwachung des angeblichen niederländischen Herstellers wie auch bei der Produktion durch diesen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurü...

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