Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsrecht - Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung für ein Binnenschiff

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung ist gem. § 252 BGB gerichtet auf den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinn. Bei Beschädigung eines Binnenschiffs kann zu dessen Berechnung auf die mit dem zwischenzeitlich eingetretenen Geldwertverlust zu indexierenden Liegegeldsätze des § 32 BinSchG a.F., nicht aber auf die Sätze der BinSchLV 1999 zurückgegriffen werden (Aufgabe von OLG Köln, Rheinschifffahrtsobergericht, Urt. v. 15.1.2002 - 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr. 9, 55); Schädiger und Geschädigtem steht die Möglichkeit zum Nachweis eines höheren oder niedrigeren Schadens offen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 252; BinSchG a.F. § 32

 

Verfahrensgang

RheinSchifffG Duisburg-Ruhrort (Urteil vom 03.04.2006; Aktenzeichen 5 C 32/05 BSchRh)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen VI ZR 48/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 3.4.2006 (5 C 32/05 BSchRh) wie folgt abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 1.935,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beklagten 8 %, der Kläger trägt 92 %.

Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Leistung einer Sicherheit von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einer Schiffskollision. Am 18.11.2004 kollidierte das im Eigentum des Klägers stehende MS "B K.", Tragfähigkeit 1921 to., gegen 7 Uhr morgens bei Rheinkilometer 818 mit dem vom Beklagten zu 2. als verantwortlichem Schiffsführer geführten TMS "U", das im Eigentum des Beklagten zu 1. steht. MS "B K." wurde nach Besichtigung zu einer Werft verbracht, wo es im Zeitraum vom 19.11.2004 bis einschließlich 7.12.2004 instandgesetzt wurde. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig; streitig ist allein die Berechnung des ebenfalls im Ansatz unstreitigen Anspruchs des Klägers auf Nutzungsausfall. Diesen berechnet der Kläger wie folgt:

Ausfallzeit: 19 Tage und 17 Stunden

Tagessatz: 2.002,08 EUR (gem. § 4 BinSchLV 1999)

Nutzungsausfall: 39.457,66 EUR;

darauf gezahlt: 16.029,97 EUR;

Rest: 23.428,69 EUR.

Die Beklagten haben auf den Nutzungsausfallanspruch des Klägers vorprozessual 16.029,97 EUR gezahlt, den sie auf der Basis von 19 Tagen zu je 843,63 EUR nach den früheren Liegegeldsätzen, Stand 1994, berechnet haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Schifffahrtsgericht hat der auf restlichen Nutzungsausfall i.H.v. 23.428,69 EUR gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat den Umfang des zu erstattenden Nutzungsausfalls im Anschluss u.a. an die Rechtsprechung u.a. des Senats (Urt. v. 15.1.2002 - 3 U 144/01 BSchRh, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr. 9, 55) prima facie an den in § 4 BinSchLV niedergelegten Tagessätzen orientiert; Vortrag der Beklagten dazu, dass eine niedrigerer Schaden tatsächlich entstanden sei, fehle.

Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung gegen die Annahme des Schifffahrtsgerichts, die Standgelder gem. § 4 BinSchLV stellten eine taugliche Grundlage für eine abstrakte Schadensberechnung dar. Nach einer Auskunft der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort aus dem Jahr 1999 bestehe kein entsprechender Handelsbrauch, den Nutzungsausfall an den in § 4 BinSchLV festgesetzten Liegegeldern orientiert zu berechnen. Bereits in erster Instanz sei unter Beweis gestellt worden, dass die Sätze des § 4 BinSchLV die erzielbaren Einnahmen um ca. 100 % überstiegen.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er hält nunmehr erfolgenden Vortrag zur konkreten Schadenshöhe unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO für ausgeschlossen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Bundesministeriums der Justiz zu der Frage, in welcher Weise der Verordnungsgeber mit der Regelung in § 4 BinSchLV 1999 den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen hat. Wegen des Inhalts der vom Bundesministerium der Justiz erteilten Auskunft wird auf dessen Schreiben vom 28.6.2007, GA Bl. 114 f., verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf ...

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