Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.6.2001 verkündete Urteil des Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort – 5 C 19/00 Bsch. – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.942,34 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 26.4.2000 zu zahlen, und zwar der Beklagte zu 1) im Rahmen des Binnenschifffahrtsgesetzes sowohl persönlich haftend als auch bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in das MTS „S.”, abzüglich eines am 23.10.2000 gezahlten Betrages von 2.600 DM (= 1.329,36 Euro).

Hinsichtlich des gezahlten Teilbetrages von 2.600 DM ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 15 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 85 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 25 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 75 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Klägerin steht aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht des Schiffseigners R. gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 3, 4, 92 ff., 114 BschG, 67 VVG, 398 BGB wegen der Anfahrung des MS „A.” über den am 23.10.2000 auf die Reparaturkosten gezahlten Betrag von 2.600 DM (= 1.329,36 Euro) und die mit der Berufung nicht angegriffene Kostenpauschale von 25 DM (= 12,78 Euro) hinaus ein Schadensersatzanspruch wegen Nutzungsverlusts i.H.v. 1.600,20 Euro zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat es sich bei dem durch die Anfahrung entstandenen Kaskoschaden nicht um einen Bagatellschaden gehandelt, der die Sicherheit und Fahrtüchtigkeit des Schiffes nicht beeinträchtigt hätte. Die Beweisaufnahme hat vielmehr ergeben, dass aufgrund des Unfallschadens entweder bereits ein Haarriss entstanden war, jedenfalls aber die Gefahr bestand, dass ein solcher bei einer Weiterfahrt des Schiffes ohne vorherige Reparatur entstehen würde mit der Folge, des es bei voller Abladung des Schiffes zu einem Wassereinbruch hätte kommen können. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Rheinschifffahrtsgericht in dem angefochtenen Urteil bezug genommen. Dem Schiffseigner R. kann daher nicht entgegengehalten werden, er hätte bis auf weiteres mit dem unreparierten Schiff weiterfahren können und für die Reparatur eine Gelegenheit abwarten müssen, zu der wegen anderer durchzuführender Arbeiten ohnehin ein Werftaufenthalt erforderlich sein würde.

Die Beklagten sind daher verpflichtet, Nutzungsentschädigung für die Dauer des Werftaufenthalts zu leisten. Dabei sind die Zeiten für die Fahrt zu und von der Werft mit einzubeziehen (vgl. Bemm/von Waldstein, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3. Aufl., Einführung Rz. 53).

Wie das Rheinschifffahrtsgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich die Höhe des Nutzungsverlusts bei der Trockenschifffahrt nach dem Liegegeld. Der Senat hält auch nach der Neuregelung des Liegegelds gem. §§ 412 Abs. 3 HGB, 4 Lade- und Löschzeitenverordnung (BinSchLV) daran fest, dass der Geschädigte den Nutzungsausfall im Wege der abstrakten Schadensberechnung nach den gesetzlichen Liegegeldsätzen berechnen kann. Diese stellen eine angemessene Vergütung für die besondere zeitliche Inanspruchnahme des Schiffes dar. Da sich der konkrete Nutzungsverlust, den ein Schiffseigner durch die erzwungene Außerbetriebsetzung seines Schiffes erleidet, nur schwierig und häufig überhaupt nicht zuverlässig ermitteln lässt, hat sich in der Rechtsprechung seit Jahrzehnten der Grundsatz herausgebildet, die Liegegeldbeträge für die Überschreitung der Lade- und oder Löschzeit als vermuteten Mindestschaden in abstrakter Schadensberechnung zugrunde zu legen. Dies wird damit gerechtfertigt, dass die Liegegeldbeträge das von den beteiligten Schifffahrtskreisen für den Normalfall geschätzte Interesse des Schiffseigners an der Benutzbarkeit seines Schiffes darstellten, also den Durchschnittssatz, der unter gewöhnlichen Verhältnissen mit einem solchen Schiff vereinnahmt wird (vgl. BGH VersR 1965, 351; VersR 1965, 373; OLG Hamburg VersR 1974, 1216; KG VersR 1976, 463; Bemm/von Waldstein, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3. Aufl., Rz. 43, 47; Vortisch/Bemm, BinSchR, 4. Aufl., § 92b Rz. 30; Handelsbräuche in der Rheinschifffahrt, S. 125, 128).

Nach früherem Recht wurden die Liegegelder allerdings nach Kalendertagen berechnet. Es ist auch nicht zu verkennen, dass die jetzige Regelung nach § 4 BinSchLV, wenn man rund um die Uhr rechnet, zu wesentlich höheren Beträgen als nach altem Recht führt. Es ist aber davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber mit der Erhöhung der Liegegeldsätze den derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen und nicht etwa einen alleinigen Einsatz der Schiffe in Con...

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