Leitsatz (amtlich)

Gibt ein Unterlassungsschuldner eine Unterlassungserklärung nicht gegenüber dem berechtigterweise Abmahnenden, sondern gegenüber einem ebenfalls klagebefugten Dritten ab, von dem er nicht auch abgemahnt worden ist ("Initiativunterwerfung"), so sind an die erforderliche Ernsthaftigkeit jener Erklärung hohe Anforderungen zu stellen.

Es müssen objektive Gründe vorliegen, die es dem Schuldner unzumutbar machen, die Unterlassungserklärung gerade gegenüber dem Abmahnenden abzugeben. Solche Gründe liegen weder in einer Inanspruchnahme durch den Abmahnenden in anderer Sache, die der Schuldner für missbräuchlich hält, noch darin, dass der Gläubiger in dem neuen Verfahren nicht dasselbe Gericht angerufen hat.

Zweifel in der Ernsthaftigkeit können auch in der abweichenden satzungsmäßigen Zielrichtung des Erklärungsempfängers begründet sein.

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 09.03.2011; Aktenzeichen 84 O 252/10)

 

Tenor

I.) Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.3.2011 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 252/10 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen auf eine Klausel mit nachfolgendem oder sinngemäßem Inhalt zu berufen:

"Die nach Maßgabe dieser Bestimmungen entstandenen Reisewerte verfallen jeweils nach Ablauf von 36 Monaten seit ihrer jeweiligen Gutschrift",

wenn diese "Reisewerte" dadurch entstehen, dass der Verbraucher durch monatliche Beiträge ein Guthaben anhäuft und diese "Reisewerte" für den Fall einer Reisebuchung auf den Reisepreis angerechnet werden sollen.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot zu Ziff. 1 ein Ordnungsgeld i.H.v. bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen Dauer - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

IV.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V.) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen. Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger beide Klageansprüche weiter. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

B. Die Berufung ist zulässig, hat aber lediglich hinsichtlich des Berufungsantrages zu I. 2 in der Sache Erfolg.

I. Berufungsantrag zu I 1)

Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob die AGB in der beanstandeten Schriftgröße von den betroffenen Kunden in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden können. Hierauf kommt es - worauf bereits die Kammer zutreffend abgestellt hat - nicht an, weil dieses Erfordernis nur im Rahmen der Einbeziehung von AGB in Einzel- (oder Rahmen-) verträge besteht (§ 305 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB), die beanstandete Wiedergabe aber der Einbeziehung der AGB nicht dienen soll und nicht dient.

Der (allein) beanstandete Abdruck auf der Rückseite der Saldenaufstellung stellt - das ist unstreitig - eine inhaltlich identische Wiederholung der bereits vorher, nämlich in dem jeweiligen Vermittlungsvertrag der Beklagten mit ihrem Kunden, enthaltenen AGB dar. Dass diese frühere Wiedergabe derselben AGB den Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB an die Einbeziehung nicht genüge, rügt der Kläger nicht. Die streitgegenständlichen AGB sind daher im Zeitpunkt ihrer erneuten Wiedergabe bereits in das Vertragsverhältnis mit dem Kunden einbezogen. Diese erneute Wiedergabe der AGB, die sich ausschließlich durch die geringe Schriftgröße (die einen vollständigen Abdruck auf der Rückseite der aus einem Blatt bestehenden Saldenaufstellung ermöglicht) von der ursprünglichen unterscheidet, dient damit nicht der - schon erfolgten - Einbeziehung der AGB in das Vertragsverhältnis.

Ein anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Saldierungen, auf deren Rückseite sich die beanstandete Wiedergabe befindet, jeweils selbständige Rechtsgeschäfte darstellen. Auch in die erst später erfolgenden monatlichen Abrechnungen sind die AGB nämlich durch die Vereinbarung in dem Servicevertrag bereits eingezogen. Es kann dahinstehen, ob auf diese Fallgestaltung - wie der Kläger meint - die Bestimmung des § 305 Abs. 3 BGB anwendbar ist, weil auch deren Voraussetzungen vorliegen. Danach können - unter der hier erfolgten Einhaltung der Einbeziehungs-voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB - bestimmte AGB für "eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften" im Voraus vereinbart werden. Aus der vorstehend wörtlich zitierten Gesetzespassage folgt, dass nicht etwa der exakte Wortlaut der einzelnen zukünftigen Rechtsgeschäfte bereits festliegen muss, sondern diese lediglich ihrer Art nach bestimmt sein müssen. Wirksamkeitsvoraussetzung einer derartigen Vereinbarung im Voraus ist danach nur die ausreichende Eingrenzung der Art der betroffenen Rec...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge