Entscheidungsstichwort (Thema)

Trennungsunterhalt - Konkrete Bedarfsberechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der konkreten Bedarfsberechnung zum Trennungsunterhalt ist gem. § 1361 BGB grds. auf die ehelichen Lebensverhältnisse abzustellen. Der darlegungs- und beweispflichtige anspruchstellende Ehegatte hat dabei darzutun, dass während des Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft die Mittel für den beanspruchten eheangemessen Bedarf i.S.d. § 1361 BGB auch zur Verfügung gestanden haben.

Dabei ist zu beachten, dass zur Bedarfsdeckung solche Einkommensteile nicht oder nur bedingt herangezogen werden können, die wegen der angestrebten Vermögensbildung bzw. Altersvorsorge anderweitig angelegt wurden und somit dem ehelichen Lebensbedarf nicht zur Verfügung standen. Andererseits darf die Vermögensbildung den Unterhalt nicht unangemessen beeinträchtigen. Wenn sich die Eheleute für gemeinsame Ziele (z.B. Hausbau) besonders eingeschränkt hatten, sind daher solche Vermögensbildungsteile nicht einseitig bei der Bedarfsberechnung abzuziehen. Ebenso kann bei Bedarfssteigerung infolge Trennung die Heranziehung bisher zur Vermögensbildung eingesetzter Einkommensteile erforderlich werden (vgl. Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Aufl. 2010, Rz. 54 m.w.N.). Zu berücksichtigen sein kann auch, dass sowohl der Wohnbedarf wie auch der Bedarf zur Altersvorsorge durch das Wohnen im eigenen Heim einerseits und durch die Aufwendungen zur Finanzierung des Familienheims abgedeckt waren. Diese zur Vermögensbildung und zur Altersvorsorge aufgewendeten Vermögensteile sind dem entsprechend bei der Bedarfsermittlung mit einzustellen.

Bei einem nach Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen verbleibenden bereinigten Nettofamilieneinkommen zwischen 6.200 EUR und 7.200 EUR monatlich kann der monatsdurchschnittliche eheangemessene Bedarf der getrenntlebenden Ehefrau für die täglichen Ausgaben ohne Wohn- und Altersvorsorgebedarf nach § 287 ZPO auf 2.400 EUR geschätzt werden, ohne dass der konkret dargelegte Bedarf durch entsprechende Quittungen im Einzelnen belegt werden müsste. Ausreichend ist, dass der plausible Vortrag dem Gericht eine ausreichende, nachvollziehbare Schätzgrundlage bietet.

 

Normenkette

BGB § 1361; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 17.12.2010; Aktenzeichen 48 F 113/08)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Amtsgerichs - Familiengericht - Bonn vom 17.12.2010 - 48 F 113/08 - in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 17.2.2011 - 48 F 113/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilstenor klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über den durch den gerichtlichen "Zwischenvergleich" vom 17.4.2009 - 48 F 113/07 - ab Mai 2009 titulierten Betrag von 2.000 EUR hinaus weiteren Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:

  • Von November 2007 bis Oktober 2008 Unterhaltsrückstände von 29.627,20 EUR,
  • von November 2008 bis April 2009 monatlich 3.400 EUR,
  • von Mai 2009 bis April 2010 monatlich 2.400 EUR und
  • ab Mai 2010 laufend monatlich 2.000 EUR.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige - insbesondere frist und formgerecht eingelegte - Berufung des Beklagten hat in der Sache keine Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht den Beklagten verurteilt, den tenorierten Trennungsunterhalt ab November 2007 zu zahlen.

Die Klägerin macht Trennungsunterhalt mit konkreter Bedarfsberechnung geltend. Der Beklagte greift die Bedarfsberechnung der Klägerin in erster Linie mit dem Argument an, das Geld habe während des Bestandes der Ehegemeinschaft nicht zur Verfügung gestanden, weil große Beträge zur Finanzierung des Familienheims zum Zwecke der Vermögensbildung und der Altersvorsorge abgeflossen seien. Die Immobilie mit einer Wohnfläche von rd. 230 qm ist mittlerweile weit gehend unbelastet. Weiter zu zahlende Belastungen sind weder nach Zeit noch nach Höhe konkret vorgetragen.

Das von der Klägerin vorgetragene bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten ist mit monatlich 11.251 EUR zum Zeitpunkt der Trennung unstreitig. Vor der Trennung sollen hiervon die hohen Hauslasten von monatsdurchschnittlich 5.000 EUR bis 6.000 EUR bezahlt worden sein.

Die Klägerin trägt ihren konkreten Bedarf wie folgt vor:

Art der Ausgaben

Betrag

Miete + Nebenkosten: 850 + 170,57

1.020,57 EUR

Haushaltskosten, Lebensmittel und Getränke, Hausartikel, Kleidung, Wohnungsdekoration, Kosmetik und Frisör: 374,80 + 374,33 + 340,15 + 115,29 + 201,55

1.406,10 EUR

Urlaub

305,44 EUR

Pkw-Kosten: Steuern, Benzin + Inspektion: 55,25 + 163,55 + 52,96

271,76 EUR

Kulturelles + Zeitungen + TV + Bücher: 86,97 + 19,81 + 17 +22,46

146,24 EUR

Internet/Telefon

50 EUR

Restaurant/Einladung/Geschenke: 81,26 + 122,03

203,29 EUR

Gesamtelementarbedarf

3.403,40 EUR

Altersvorsorge wie geltend gemacht

1.044 EUR

Gesamtbedarf (ohne Krankenvorsorge)

4.447,40 EUR

Der Beklagte hat Trennung...

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