Entscheidungsstichwort (Thema)

"Tagesschau-App"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die "Tagesschau-App" stellt lediglich eine mobile Übertragungsform des Online-Angebots "tagesschau. de" dar und ist deshalb von dem im Jahr 2010 gem. § 11f RStV durchgeführten Drei-Stufen-Test erfasst, durch den das Telemedienangebot als nicht presseähnlich eingestuft und deshalb zur Veröffentlichung freigegeben worden ist.

2. Die Freigabe des vom Rundfunkrat beschlossenen Telemedienkonzepts seitens der Rechtsaufsichtsbehörde ist als rechtsverbindlicher Verwaltungsakt zu werten. Jedenfalls kommt der Freigabeerklärung eine damit vergleichbare Legalisierungswirkung zu.

3. Das Wettbewerbsgericht ist an die rechtliche Bewertung der im Zuge des Drei-Stufen-Tests mit der Prüfung des Telemedienkonzepts befassten Institutionen gebunden.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; RStV §§ 11d, 11f

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.09.2012; Aktenzeichen 31 O 360/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.04.2015; Aktenzeichen I ZR 13/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.9.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 360/11 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen sind Verlagsgesellschaften, die Tageszeitungen als Druckwerke und/oder als Internet - und - nach eigenen Angaben kostenpflichtige - Applikationen herausgeben beziehungsweise verantworten. Die Beklagte zu 2. ist eine öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt, die sich mit weiteren Landesrundfunkanstalten sowie der Deutschen Welle zu der Beklagten zu 1. als Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen hat.

Die Beklagte zu 2. betreut das im Jahr 1996 eingeführte Online-Portal "tagesschau. de". Im Anschluss an den im Jahr 2009 durch § 11f des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) eingeführten Drei-Stufen-Test für neue und vorhandene Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entwickelte die Beklagte zu 1. unter der Federführung der Beklagten zu 2. im Jahr 2010 ein Telemedienkonzept für das Nachrichten- und Informationsportal "tagesschau. de" (Anlage K 8), das von dem Rundfunkrat der Beklagten zu 2. am 25.10.2010 beschlossen (Anlage B 10) und von der für die Rechtsaufsicht zuständigen Niedersächsischen Staatskanzlei mit an die Beklagte zu 2. gerichtetem Schreiben vom 17.8.2010 (Anlage B 13) freigegeben wurde. Das Telemedienkonzept "tagesschau. de" sowie der diesbezügliche Beschluss des Rundfunkrats der Beklagten zu 2. wurden sodann im Niedersächsischen Ministerialblatt (Nr. 30/2010 v. 24.8.2010, S. 733 ff.) veröffentlicht.

Seit dem 21.12.2010 bieten die Beklagten neben dem Internetportal "tagesschau. de" die über Smartphones und Tablet-PC's kostenlos abrufbare Applikation "Tagesschau-App" an, über die unter verschiedenen thematischen Rubriken Angebote in Form von - teils um Standbilder oder Bildstrecken ergänzte - Textbeiträge, Audio- und Videobeiträge, interaktive Elemente sowie Stand- und Bewegtbilder aufgerufen werden können. Wegen der Oberfläche am 15.6.2011 abrufbarer Seiten wird auf die dem landgerichtlichen Urteil beigefügten Screenshots (Anlage K 1) Bezug genommen.

Mit ihrer Klage wenden sich die Klägerinnen gegen das Angebot, das - ihrer Behauptung nach - die Beklagten über die "Tagesschau-App" am 15.6.2011 - neben weiteren Inhalten - bereitgestellt haben. Sie haben die Ansicht vertreten, durch dieses Angebot hätten die Beklagten die als Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG zu qualifizierenden Bestimmungen der §§ 11d, 11f RStV missachtet. So hätten es die Beklagten versäumt, für das Telemedienangebot "Tagesschau-App" den nach § 11f RStV vorgeschriebenen Drei-Stufen-Test durchzuführen. Soweit diese für das Angebot "tagesschau. de" den Test durchlaufen hätten, habe dieser nur das abstrakte Konzept, nicht aber dessen Umsetzung in Form konkreter Inhalte zum Gegenstand gehabt und sich im Übrigen nicht auf das nachfolgende neue, dem eigenständigen Markt der mobilen elektronischen Kommunikation zuzurechnenden Angebot "Tagesschau-App" erstreckt. Das unter der "Tagesschau-App" präsentierte streitgegenständliche Angebot sei mit dem beanstandeten nichtsendungsbezogenen Inhalt auch nicht nach § 11d Abs. 2 S. 1 Nr. 3 letzter Satzteil RStV legitimierbar, da sein gestalterischer und inhaltlicher Schwerpunkt auf zeitungstypischen Textbeiträgen liege und damit presseähnlich sei.

Die Klägerinnen haben zuletzt beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, das Telemedienangebot "Tagesschau-App", wie in den von ihnen vorgelegten Screenshots (Anlage K 1) enthalten, verbreiten/verbreiten zu lassen, hilfsweise, innerhalb des Telemedienangebots "Ta...

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