Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 06.06.2013; Aktenzeichen 81 O 118/12)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 02.02.2017; Aktenzeichen 2 BvR 787/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.6.2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 81 O 118/12 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil und das des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich der Unterlassungsansprüche 100.000 EUR (bezüglich jeder Variante 33.333 EUR), im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die die Vollstreckung betreibende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte betreibt eine Apotheke in den Niederlanden, von wo sie Arzneimittel insbesondere auch an deutsche Kunden versendet. In Bezug auf ihre Verkaufspreise warb sie seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000 mit Bonusmodellen, die sich an der Höhe der gesetzlichen Zuzahlung orientierten. Im September 2012 kündigte sie in einer Zeitungsbeilagenwerbung und im Internet (Anlagen K 1 und 2) an, dass sie gesetzlich oder privat versicherten Kunden für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel gegen Vorlage des Rezepts mindestens 2,50 EUR und gesetzlich Krankenversicherten für jedes zuzahlungspflichtige Medikament die Hälfte der Zuzahlung, bis zu 15 EUR pro Rezept, gutschreibe.

Die Klägerin sieht darin eine bewusste Verletzung des ihrer Ansicht nach auch für ausländische Versandapotheken geltenden deutschen Arzneimittelpreisrechts, das für verschreibungspflichtige und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebene Arzneimittel einheitliche Abgabepreise der Apotheken vorsieht. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Werbung, des Werbenlassens, Ankündigens, Ankündigenlassens und der Gewährung von Boni in drei jeweils selbständig angegriffenen Varianten (Bonus in Höhe der halben gesetzlichen Zuzahlung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus i.H.v. 2,50 EUR für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus i.H.v. 2,50 EUR für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Privatrezept), Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat behauptet, dass sie das streitbefangene Bonusmodell seit dem 26.10.2012 nicht mehr angeboten habe. Sie hält die seitdem geltende, ausländische Versandapotheken ausdrücklich dem inländischen Arzneimittelpreisrecht unterwerfende gesetzliche Regelung ebenso wie den für das bisherige Recht zum gleichen Ergebnis kommenden Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.8.2012 - GmS-OGB 1/10 - für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union (Art. 34 AEUV) und deutschem Verfassungsrecht (Art. 12 GG), § 7 HWG für unanwendbar und sämtliche etwa in Betracht kommenden Ansprüche für verwirkt.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte überwiegend - unter Abweisung des Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftsbegehrens der Klägerin - antragsgemäß verurteilt. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage und - hilfsweise - ihre Verfahrensanträge auf Aussetzung und Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bzw. des BVerfG weiter verfolgt. Sie rügt, das LG habe den schon aus formellen Gründen keine Wirkung entfaltenden Beschluss des Gemeinsamen Senats zitiert, ohne sich mit ihren Argumenten inhaltlich auseinanderzusetzen; hierzu wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie bezüglich der Höhe der Boni geltend, die Bagatellgrenze sei zumindest nicht in jedem denkbaren Fall verletzt. Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das LG die Beklagte im beantragten Umfang zur Unterlassung (§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 78 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 1 AMPreisV) und zur Erstattung der Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) verurteilt, wobei es für den auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch auf das geltende Recht und zusätzlich - wegen sonst fehlender Wiederholungsgefahr - auf die Rechtswidrigkeit der Wettbewerbshandlung zur Zeit ihrer Begehung, für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (vgl. BGH GRUR 2012, 1053 = WRP 2012, 1216 [Rz. 10] - Marktführer Sport, m.w.N.). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Die Bekl...

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