Entscheidungsstichwort (Thema)

Kautionsklausel im Pflegevertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 14 Abs. 4 WBVG lässt die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung (Kaution) von so genannten "Selbstzahlern", also Personen, die keine Sachleistungen im Rahmen der §§ 42, 43 SGB XI enthalten und die in einer Einrichtung gepflegt werden, mit der gemäß § 91 SGB XI keine Pflegevergütung vereinbart wurde, für Pflegedienstleistungen zu.

 

Normenkette

WBVG § 14 Abs. 4, § 16; SGB XI §§ 42-43, 91; UKlaG § 5; BGB § 307

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 23.03.2016; Aktenzeichen 26 O 407/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.04.2018; Aktenzeichen III ZR 36/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.03.2016 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln - 26 O 407/15 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit dieser inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die stationäre Pflege mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977, zu berufen:

[4.2]

Die Kaution ist bei Abschluss des Pflegevertrages auf das in Ziffer 3.2. angegebene Konto einzuzahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG in der vorliegenden Fassung sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 5.000 EUR leistet.

V. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen einer Unterlassungsklage über die Zulässigkeit von Klauseln im Rahmen eines vorformulierten Vertragswerks der Beklagten, die stationäre Pflegeverträge abschließt.

Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer dem Verbraucherschutz dienender Einrichtungen. Er ist in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste gemäß § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte betreibt unterschiedliche Pflegeeinrichtungen, u.a. die "P.-Residenz" in F.. Für die Aufnahme von pflegebedürftigen Personen wurde für die "P.-Residenz" in F. ein Vertrag (Anlage K1, Bl. 9 ff d.A.) unter anderem mit folgenden Klauseln geschlossen, der die Pflicht zur Erbringung einer Kaution sowie deren Art und Höhe regelt:

"[4 Kaution]

Die Kaution beträgt (2-fache Monatsentgelt) ... EUR

[4.1]

Der Bewohner verpflichtet sich, der Residenz gem. § 14 Abs. 1 WBVG im Hinblick auf die Überlassung des Pflegeplatzes eine Kaution, die dem zweifachen des Monatspflegesatzes entspricht, zu gewähren.

[4.2]

Die Kaution ist bei Abschluss des Pflegevertrages auf das in Ziffer 3.2. angegebene Konto einzuzahlen."

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wird auf den als Anlage K1 (Bl. 9 ff. d.A.) vorgelegten Pflegevertrag Bezug genommen.

Nach Abmahnung vom 13.5.2015, der weitere nach Auffassung des Klägers unzulässige Klauseln, nicht aber die Klausel Ziffer 4.2, die Gegenstand des Verfahrens ist, zugrunde lagen, gab die Beklagte eine eingeschränkte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Nicht von der Unterlassungserklärung umfasst waren die vorgenannten Ziffer 4 und 4.1. Die Beklagte zahlte die geforderte Abmahnkostenpauschale.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Klauseln in Nr. 4 und Nr. 4.1 verstießen gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, §§ 14, 16 WBVG. Die Klausel sehe nicht die in § 14 Abs. 4 WBVG geregelte Ausnahme für Personen vor, die Leistungen nach § 42 oder § 43 SGB XI (Leistungen bei Kurzzeit- oder vollstationäre Pflege) bezögen.

Die weitere (nicht in dem Unterlassungsverlangen enthaltene) Klausel verstoße gegen § 14 Abs. 1 WBVG, wonach dem Vertragspartner die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, die Sicherheiten auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines Kreditinstitutes, Kreditversicherers oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu erbringen.

Soweit die Beklagte behaupte, die Klägerin schließe Verträge nur mit Personen ab, die die Unterbringungskosten in vollem Umfang selbst erbrächten (Selbstzahler), werde dies mit Nichtwissen bestritten.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit dieser inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die stationäre Pflege mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4....

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