Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 29.06.1989; Aktenzeichen 2 O 237/89)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 29. Juni 1989 – 2 O 237/89 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 430,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.04.1989 zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 98 % und der Beklagte zu 2 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur zum geringen Teil Erfolg.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 4 Lohnfortzahlungsgesetz ein Anspruch auf Ausgleich seiner gesamten Zahlungen in Höhe von 1.458,57 DM zu, die er an die Zeugin … auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes geleistet hat.

Nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers hat der Beklagte durch einen von ihm verschuldeten Verkehrsunfall am 9. September 1988 schwere Verletzungen der auf seinem Motorrad mitfahrenden Zeugin … verursacht, die infolgedessen für längere Zeit arbeitsunfähig war.

Aufgrund des Unfalls ist der Beklagte gegenüber der Zeugin … verpflichtet, Schadensersatz wegen des entstandenen Verdienstausfalls zu leisten. Die Lohnfortzahlungen des Klägers stehen dem nicht entgegen, da derartige Zahlungen nach ihrem Gesetzeszweck fürsorgende Leistungen zugunsten der Geschädigten darstellen und den Schädiger nicht entlasten sollen.

Der Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls ist nicht durch ersparte häusliche Aufwendungen der Zeugin … während ihres Krankenaufenthaltes zu kurzen. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03.04.1984, NJW 1984, 2628 entschieden hat, mindernd derartige Ersparnisse bei der häuslichen Verpflegung lediglich den Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Kosten der Krankenhausbehandlung, lassen aber den Schadensersatzanspruch wegen etwaigen Verdienstausfalls seiner Höhe nach unberührt.

Der Schadensersatzanspruch der Zeugin … ist auf den Kläger gemäß § 4 Lohnfortzahlungsgesetz insoweit übergegangen, als dieser Leistungen nach § 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes erbracht hat. Diese belaufen sich unbestrittener Maßen auf insgesamt 1.458,57 DM, wovon der Beklagte bislang 1.028,57 DM ausgeglichen hat. Der Beklagte ist daher zur Zahlung weiterer 430,– DM verpflichtet. Das Zinsbegehren ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt (§ 284, 288 BGB). Der Verzug ist spätestens mit der erfolglosen Zahlungsaufforderung vom 04.04.1989 eingetreten, mit welcher dem Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 10.04.1989 gesetzt worden war.

Dem Kläger stehen weitere Ansprüche gegen den Beklagten nicht zu.

Ein Anspruch auf Erstattung der Lohnkosten wegen der eingestellten Ersatzkraft für die Zeugin … gemäß § 845, 1619 BGB scheidet aus, weil die Arbeitsleistungen der Zeugin Kösch im Bäckereibetrieb des Klägers nicht auf einer familienrechtlichen Verpflichtung beruhten, sondern auf Grund eines vertraglich vereinbarten Dienstverhältnisses erbracht wurden.

Die Annahme einer Tätigkeit aufgrund eines Dienstverhältnisses ist in der Regel schon dann gegeben, wenn die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt ist, Steuern erbracht werden und die Lohnkosten als Betriebsausgaben verbucht werden (vgl. hierzu Palandt Anm. 4 zu § 1619 BGB mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Wenn schon derartige Indizien die Annahme eines Vertragsverhältnisses rechtfertigen, so ist ein vertragliches Dienstverhältnis erst recht dann anzunehmen, wenn das Beschäftigungsverhältnis wie vorliegend mit konkreten Lohnabsprachen, der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Zahlung von Lohnsteuer ausdrücklich vereinbart worden ist.

Von einer familienrechtlichen Grundlage könnte trotz einer vertraglichen Vereinbarung allenfalls dann gesprochen werden, wenn mit der Eingehung des Arbeitsverhältnisses etwas ganz anderes, nämlich die bloße Aufnahme in die Sozialversicherung bezweckt war und die Entlohnung nur einen freigegriffenen Betrag darstellte. Anhaltspunkte für ein solches Arbeitsverhältnis sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zeugin erhielt auch tatsächlich den vereinbarten Lohn und hat darüber hinaus freie Kost und Logis.

Die Annahme einer familienrechtlichen Arbeitsverpflichtung der Zeugin … läßt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß möglicherweise nicht das übliche, sondern ein nicht unmaßgeblich niedrigeres Bruttoeinkommen vereinbart wurde. Die Parteien eines Arbeitsverhältnisses sind grundsätzlich frei, die Höhe des Entgeltes zu bestimmen. Für die Festlegung des Bruttolohnes im vorliegenden Fall war auch von erheblicher. Bedeutung, daß die Zeugin … neben der Auszahlung des Lohnes auch freie Kost und Logis erhielt, so daß ihr letztendlich doch ein Ausgleich für ihre Arbeit in angemessener Höhe zukam. Dies steht dem Vertragscharakter der Vereinbarung nicht entgegen. Eine solche Festlegung ist im übrigen auch bei Haushaltsg...

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