Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 20.01.1993; Aktenzeichen 7 O 353/92)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.1994; Aktenzeichen IV ZR 208/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.01.1993 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 7 O 353/92 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten im Zusammenhang mit der Vergabe der Rohbauarbeiten an dem Bauvorhaben „W.-Schule V.” keinen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß.

Eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch den Beklagten käme nach dem Vortrag der Klägerin nur in Betracht, wenn sich das Vergabeverfahren des Beklagten nach den Bestimmungen der VOB/Teil A gerichtet hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Vergaberegeln des Teils A der VOB beziehen und beschränken sich grundsätzlich auf Bauvergaben öffentlicher Auftraggeber; denn sie dienen dem Erfordernis sparsamer Haushaltsführung und dem Grundsatz der Chancengleichheit der an dem Vergabewettbewerb beteiligten Bauunternehmer (Ingenstau/Korbion, VOB, 11. Aufl., Einleitung Rdnr. 13, 38, 39). Dementsprechend ist im allgemeinen davon auszugehen, daß ein öffentlicher Auftraggeber nach den Vergaberegeln der VOB/A das Bauvergabeverfahren durchführen will, auch wenn die Ausschreibung nicht ausdrücklich die Anwendung des Teils A zum Ausdruck bringt (Ingenstau/Korbion, a.a.O., Rdnr. 101 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der Beklagte ist kein öffentlicher Auftraggeber, sondern ein privatrechtlicher Verein. Zwar hat die Klägerin behauptet, der Beklagte sei Ersatzschulträger und für seine Baumaßnahme mit öffentlichen Mitteln ausgestattet worden, wobei im Zusammenhang mit dieser öffentlichen Finanzierung üblicherweise das Verlangen an den Schulträger gerichtet werde, die Ausschreibung nach den Regeln der VOB/A durchzuführen. Der Beklagte hat dies bestritten und vorgetragen, Ersatzschulträger sei ein selbständiger, von dem Beklagten unabhängiger Verein, an den sie das von ihr mit privaten Mitteln errichtete Schulgebäude verpachtet habe. Die Klägerin ist diesem Vorbringen nicht mehr entgegengetreten und hat auch ihre Behauptungen nicht unter Beweis gestellt.

Ein privater Auftraggeber wie der Beklagte kann zwar für das Ausschreibungsverfahren ebenfalls die Geltung des Teils A der VOB vereinbaren. Dies liegt aber nach der Interessenlage eines privaten Auftraggebers eher fern, weil ihn die VOB/Teil A zur Beachtung zahlreicher Förmlichkeiten zwingt und durch die Vergaberegeln nicht nur sein Verhandlungsspielraum, sondern insbesondere auch seine Entscheidungsfreiheit bei der Frage des Zuschlags erheblich eingeschränkt wird. Deshalb kann von der Geltung der VOB/A bei der Ausschreibung eines privaten Auftraggebers nur ausgegangen werden, wenn die Anwendung der VOB/A ausdrücklich oder nach den Umständen völlig eindeutig vereinbart worden ist (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., Rdnr. 26). Dies ist hier nicht geschehen.

Weder in dem Schreiben des Architektenbüros vom 21.11.1991, mit dem die Klägerin zur Abgabe eines Angebots zu den Rohbauarbeiten aufgefordert worden ist, noch in dem ergänzenden Schreiben vom 25.11.1991 ist von Seiten des Beklagten darauf hingewiesen worden, daß die Ausschreibung und die Vergabe nach den Regeln der VOB/A erfolgen sollen. Eine solche Erklärung ließ sich aus der Sicht der Klägerin auch nicht aus der in den „Allgemeinen Vorbemerkungen” zum Leistungsverzeichnis enthaltenen Bestimmung herleiten, daß „die VOB in ihrer zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe gültigen Fassung verbindlich” sein soll. Diese Bestimmung steht im engen Zusammenhang mit den voranstehenden Bestimmungen über die Baustelleneinrichtung, das Aufmaß, die Baustoffe usw. sowie mit den nachfolgenden Positionen des Leistungsverzeichnisses und bezieht sich daher erkennbar auf den Inhalt und die Ausführung der zu übernehmenden Werkleistung und nicht auf das Vergabeverfahren. Die allgemeinen Vertragsbedingungen für den Inhalt und die Ausführung der Werkleistung sind jedoch in Teil B der VOB geregelt, so daß mit dem Hinweis auf die Geltung der VOB in den „Allgemeinen Vorbemerkungen” nur der Teil B der VOB gemeint sein kann. Dementsprechend ist in den „Besonderen Vertragsbedingungen” ausdrücklich auf die Vorschriften des Teils B der VOB Bezug genommen worden (Bl. 58 d.A.).

Soweit der Beklagte in seinen Ausschreibungsunterlagen Begriffe aus den Regelungen des Teils A der VOB wie z.B. „beschränkte Ausschreibung, Wettbewerb, Bieter, Zuschlag” usw. verwandt hat, ließ dies aus der Sicht der Klägerin ebenfalls nicht den sicheren Schluß zu, daß der Beklagte das Vergabeverfahren nach der VOB/A durchführen wollte. Diese Begriffe sind nicht auf den Bereich der VOB/A beschränkt, sondern werden auch außerhalb des Geltungsbereichs der VOB/A bei Ausschreibungen verwandt.

Die danach verbleibende...

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