Entscheidungsstichwort (Thema)

Goldbär

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die für den Verwässerungstatbestand erforderliche gedankliche Verknüpfung zwischen einer bekannten Marke und dem angegriffenen Zeichen setzt ein Mindestmaß an Zeichenähnlichkeit voraus. Bei komplexen Zeichen reicht aus, ist aber auch erforderlich, dass das ähnlichkeitsbegründende Element, ohne dass ihm eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen muss, in einer Weise selbständig wahrgenommen wird, dass es die bekannte Klagemarke in Erinnerung zu rufen vermag.

2. Zeichenähnlichkeit kann auch bei sog. Überkreuzkollision zwischen Wortmarke und dreidimensionalem Zeichen in Betracht kommen, wenn das Wort- im Sinne einer begrifflichen Übereinstimmung - die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung der dreidimensionalen Gestaltung darstellt.

3. Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit kommt es maßgeblich auf den Gesamteindruck der angegriffenen Produktausstattung an. Bei der Prüfung, welche Gestaltungsmerkmal einer komplexen Kennzeichnung wesentlich für den Gesamteindruck sind, ist darauf abzustellen, welche Merkmale der Verkehr als herkunftshinweisend auffasst.

4. Der Begriff "Goldbär" stellt nicht die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung der Produktausstattung eines bärenförmigen, in Goldfolie eingepackten Schokoladenhohlkörpers dar, der neben weiteren Ausstattungsmerkmalen mittig auf dem Bauch mit eigenen, abweichenden und stark kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen versehen ist.

5. Form und Farbe der angegriffenen Produktausstattung rufen nicht die erforderliche gedankliche Verknüpfung hervor, falls es erst weiterer gedanklicher Abstraktionsschritte bedarf, um eine Verbindung zur Wortmarke der Klägerin herzustellen.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 18.12.2012; Aktenzeichen 33 O 803/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.09.2015; Aktenzeichen I ZR 105/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.12.2012 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 803/11 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind bekannte Süßwarenhersteller.

Die Klägerin vertreibt seit den 1960er Jahren Fruchtgummiprodukte, u.a. sog. "Gummibärchen" in goldfarbenen Verpackungen unter der Bezeichnung "GOLDBÄREN". In den 1970er Jahren ließ sie die "GOLDBÄREN-Figur" (vgl. die Abbildung Bl. 6 d.A.), eine goldgelbe Bärenfigur mit roter Schleife um den Hals, für sich entwickeln. Die Klägerin ist Inhaberin zahlreicher Markenrechte im Zusammenhang mit der Bezeichnung "GOLDBÄREN" und der "GOLDBÄREN-Figur", so insbesondere

  • der deutschen Wortmarke "GOLDBÄREN" (DE 974380) für "Zuckerwaren",
  • der deutschen Wortmarke "Goldbär" (DE 39922430) für "Zuckerwaren",
  • der deutschen Wortmarke "Gold-Teddy" (DE 302011030914) sowie
  • der Gemeinschaftsbildmarke "Goldbär" (Nr. 009423757) u.a. für "Schokolade".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage CBH K 17 überreichten Markenunterlagen Bezug genommen. Sie ist ferner Inhaberin einer konturlosen deutschen Farbmarke "Gold" DE 302008048605 im Süßwarensegment (Anlage CBH K 18).

Die Beklagten produzieren und vertreiben insbesondere Schokoladenprodukte, darunter den bekannten "Goldhasen", einen in goldene Folie eingewickelten Schokoladenhohlkörper in Hasenform. Seit dem Jahr 2011 produzieren und vertreiben sie darüber hinaus die im Tenor des landgerichtlichen Urteils abgebildete bärenförmige und ebenfalls in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur, die von ihnen selbst als "Lindt Teddy" bezeichnet wird. Die Beklagte zu 1) verfügt über die Wort-/Bildmarke "Teddy" DE 371973 mit Priorität vom 14.4.1927 und über die Wortmarke "Teddy" DE 2105373 mit Priorität vom 17.3.1994.

Die Klägerin hat in der konkreten Ausgestaltung des "Lindt Teddys" bzw. dessen Verpackung eine Verletzung ihrer Rechte gesehen und Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung begehrt. Diese Ansprüche hat sie in der nachfolgend wiedergegebenen Reihenfolge (vgl. dazu Bl. 62, 163, 168 f. d.A.) mit einer Verletzung

1. der für sie eingetragenen deutschen Wortmarke "GOLDBÄREN",

2. der für sie eingetragenen deutschen Wortmarke "GOLDBÄR",

3. gleichlautender Wortmarken kraft Verkehrsgeltung,

4. der für sie eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke "Goldbär",

5. der Bildmarke "Goldbär" in Form einer Benutzungsmarke kraft Verkehrsgeltung sowie

6. der für sie eingetragenen deutschen Wortmarke "Gold-Teddy", die sich im Widerspruchsverfahren befindet,

begründet, wobei sie jeweils in erster Linie einen Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und sodann einen Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, fer...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge