Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 17 O 49/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.03.2021; Aktenzeichen IX ZR 152/20)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 6. Dezember 2019 - 17 O 49/19 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. 1. Mit Mietvertrag vom 14. August 2017 (Anlage K 1, Blatt 7 ff der Akte) vermietete die Klägerin an die A GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) das ehemalige Wasserwerk in der B 24 in C. In dem bis zum 15. August 2027 befristeten Vertrag vereinbarten die Vertragsparteien eine monatlich bis spätestens zum 3. eines Monats im Voraus zu zahlende Brutto-Gesamtmiete in Höhe von 74.109,27 EUR (vgl. § 4 Abs. 3 und 4 des Vertrages, Blatt 7 ff der Akte, dort Blatt 9). Durch Beschluss vom 1. Juni 2018 eröffnete das Amtsgericht Bonn - 99 IN 48/18 - um 8:30 Uhr wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter (Anlage K 2, Blatt 20 ff der Akte). Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 erklärte der Beklagte der Klägerin gegenüber unter Hinweis auf § 109 Abs. 1 InsO die Kündigung (Anlage K 3, Blatt 24 der Akte). Mit anwaltlichem Schreiben vom gleichen Datum ließ die Klägerin ihrerseits fruchtlos rückständige Miete für den Monat Juni 2018 in Höhe von 74.389,55 EUR als Masseverbindlichkeit geltend machen mit dem Hinweis, die rückständigen Mieten für die Monate April und Mai 2018 seien zur Tabelle angemeldet worden (Anlage K 4, Blatt 25 ff der Akte). In der Folgezeit einigten sich die Parteien unter anderem darauf, die Miete für den Monat September 2018 in voller Höhe und die Miete für den Monat Juni 2018 anteilig in Höhe von 30.390,30 EUR mit einer Gegenforderung des Beklagten nach § 166 InsO in einer Gesamthöhe von 104.499,57 EUR zu verrechnen (Anlage K 6, Blatt 30 f der Akte). Mit ihrer Klage macht die Klägerin eine hiernach verbleibende Restmietforderung für den Monat Juni 2018 beginnend ab dem 2. Juni 2018, 0.00 Uhr, in Höhe von 41.248,66 EUR geltend.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vorgenannte Restmietforderung sei Masseverbindlichkeit. Es komme nicht darauf an, wann ein Anspruch aus dem gegenseitigen Vertrag entstehe, sondern allein darauf, ob die jeweilige Gegenleistung des Gläubigers nach Insolvenzeröffnung zu erbringen sei. Dies entspreche der Systematik des Insolvenzverfahrens, wonach derjenige, der nach Verfahrenseröffnung seine vollwertige Leistung weiterhin zur Masse erbracht habe, eine ungeschmälerte Gegenleistung erhalten solle.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.248,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Juni 2018 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die in Rede stehende Mietforderung könne allein als Insolvenzforderung geltend gemacht werden, weil die Forderung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits entstanden gewesen sei. Eine solche Sichtweise stehe im Einklang mit dem Mietvertrag, der eine monatliche Abrechnung vorsehe. Nach der Systematik der Insolvenzordnung trage der Vermieter, der nicht auf Vorkasse bestehe, das Insolvenzrisiko seines Mieters.

2. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 41.248,66 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die geltend gemachte Restmietforderung sei Masseverbindlichkeit. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. InsO seien Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen Masseverbindlichkeiten, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung komme es für die Beurteilung der Miete als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit darauf an, für welchen Zeitraum sie zu zahlen sei. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handele es sich um eine Insolvenzforderung, nach Eröffnung um eine Masseverbindlichkeit. Dies entspreche auch der Systematik des Insolvenzverfahrens, wonach derjenige, der seine vollwertige Leistung nach Verfahrenseröffnung weiterhin zu Masse erbringen müsse, hierfür die ungeschmälerte Gegenleistung erhalte.

3. Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin die Klageabweisung erstrebt. Die geltend gemachte Mietforderung sei Insolvenzforderung. Gemäß § 38 InsO sei Insolvenzgläubiger, wer zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner habe. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 2. Juni 2018 habe die geltend gemachte Mietforderung f...

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